Warum Tourismusseelsorge? Immer wieder ergeht an uns Christen der Auftrag, zu Fernstehenden zu gehen. Die Tourismusseelsorge bietet die einmalige Chance, dass Fernstehende zu uns kommen. Wer Kirchenführungen macht, welcher Art auch immer, erlebt den begeisterten Christen genauso wie den puren Kunstliebhaber oder den zufällig Vorbeikommenden. Religiöse Vorbildung kann nicht angenommen werden.
In Nürnberg sind die Voraussetzungen, diesen Auftrag ökumenisch durchzuführen, ideal. In der Innenstadt stehen mit St. Lorenz, St. Sebald und der Frauenkirche drei gotische Kirchen auf dem Hauptweg der Toursiten vom Hauptbahnhof zur Burg. Künstler wie Adam Kraft und Veit Stoß haben in mindestens zwei der drei Kirchen ihre Spuren hinterlassen. Eine ökumenische Zusammenarbeit drängt sich förmlich auf.
Die Vorteile

In Nürnberg werden Kirchenführer ökumenisch ausgebildet, wie hier bei einer ökumenischen Sonderführung, bei dem die angehenden Kirchenführer den bekannten Engelsgruß in St. Lorenz ganz genau in Augenschein nehmen konnten.
Diese Zusammenarbeit beginnt bei der Ausbildung neuer Kirchenführer. Zwei Seelsorger von evangelischer Seite und ein ehrenamtlich arbeitender Pastoralreferent bilden an 14 Abenden aus. Hier zeigen sich ganz deutlich die Synergieeffekte: Stadtgeschichte muss nur einmal vorbereitet werden. Auch das Wissen über die genannten mittelalterlichen Künstler muss nur einmal erarbeitet werden. Gleichzeitig lernt man voneinander. Wenn ausgerechnet in einer heute evangelischen Kirche das Grab des Stadtheiligen Sebald steht und ausgerechnet in der evangelischen Kirche St. Lorenz der Engelsgruß von Veit Stoß hängt – wie gehen unsere evangelischen Geschwister damit um?
Ganz konkret wird aber auch gerade in diesem Zusammenhang noch ein weiterer Vorteil der Zusammenarbeit sichtbar: Sie ermöglicht es, Fachreferenten einzuladen, die für eine einzelne Gemeinde nicht so ohne weiteres zu bezahlen wären. Auch werden die bestehenden Kontakte zur Evangelischen Stadtakademie, zum Germanischen Nationalmuseum und anderen Institutionen für alle nutzbar.
Die Probleme
Die Hauptproblematik liegt in der personellen Ausstattung: Die Pfarrerstellen in der evangelischen Kirche umfassen neben der Tourismusseelsorge auch eine Reihe weitere Aufgaben, sodass für die hier beschriebene Aufgabe oft nur eine viertel oder halbe Stelle zur Verfügung steht. In der Frauenkirche wird die Tourismusseelsorge ausschließlich von Ehrenamtlichen getragen. Man kann wohl sagen, dass hier von allen Seiten mehr geleistet wird als das zu erwartende Arbeitspensum.
Fazit
Natürlich ist die Situation in der Nürnberger Innenstadt nicht übertragbar. Die historisch gewachsene Situation ist einmalig. Aber wenn man heute so oft von immer größeren pastoralen Räumen spricht, gleichzeitig auch immer mehr das „Gehen an die Ränder“ fordert, dann muss es eine Überlegung wert sein, ökumenische Zusammenarbeit zu intensivieren. Der Leiter eines Seelsorgeamtes hat die Prognose gewagt: „Die Kirche in 20 Jahren wird ökumenisch sein oder sie wird nicht mehr sein.“ Die Suche nach ökumenischer Zusammenarbeit heute ist ein wichtiger Schritt dahin.
Titelbild: Die „Blaue Nacht“ in Nürnberg lockt regelmäßig Besucher in die Stadt – auch die Kirchen beteiligen sich mit Lichtinstallationen und Programmpunkten.
Fotos: Günter Heß