Ein Kreuzweg hat in der Regel 14 Stationen, Bilder und Texte folgen einer festen Tradition. Der Kreuzweg-Zyklus von Martina Hanselmann ist gänzlich anders, ihre abstrakt-reduzierten Stationen setzen andere Schwerpunkte.
Von Paul Klee ist die Künstlerin inspiriert: die Bedeutung von Formen, Farben und Symbolen, die Darstellung von Raum und Bewegung. „Ein Kreuz – ist das etwas Starres?“, fragt sie. Rein Gegenständliches ist nicht ihr Ding. Ihr geht es vielmehr um das Fließen, um die Bewegung – wie zum Beispiel in der fernöstlichen Tuschemalerei. „Hier entstehen die Bilder aus der Bewegung, dem Spontanen, aus der Konzentration heraus“, sagt sie. Die Grundlage zu ihrer Kreuzweg-Interpretation entstand eher zufällig. „Ich habe ein wenig herumexperimentiert, und da war dann plötzlich etwas, das wie Auferstehung aussah.“ Das erste Passionsbild war Ostern 2009 fertig. Bei den weiteren Bildern orientierte sie sich ausschließlich an den Texten der Evangelien. Die Künstlerin setzte die für sie wichtigen Ereignisse der Passionsgeschichte in kraftvolle, abstrakt-reduzierte Stationen um und stellt eine Verbindung zwischen christlicher und fernöstlicher Symbolik her: „Wenn Jesu Auferstehung für den Triumph des Lebens über den Tod steht, dann kann der rote Kreis als Symbol des Lebens und des Göttlichen auch künstlerisch für Jesus stehen“.
Ihre Auswahl umfasst zwar auch 14 Stationen, ist aber überraschend anders als die sonst gängigen Kreuzwege. Er beginnt mit dem Abendmahl. Einen geringeren Stellenwert nimmt dagegen der Weg nach Golgota ein, inklusive des dreifachen Sturzes Jesu. Dafür gewinnt die Rolle der Frauen an Bedeutung. Und es nehmen Passagen aus den Evangelien mehr Raum ein, welche die Vorbereitung auf das Unvermeidliche und den inneren Kampf Jesu darstellen: neben dem Abendmahl etwa das Beten Jesu zu seinem Vater auf Getsemani oder die Forderung des Volkes, Barabbas anstelle Jesu freizulassen. Und der letzte Satz Jesu am Kreuz („Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“, Lk 23,46) findet hier ebenso eine bildliche Umsetzung wie der Riss des Tempelvorhangs. Mit den Stationen „Auferstehung“ und „Emmaus“ nimmt die Künstlerin die zentrale christliche Botschaft auf, dass Jesus den Tod bezwungen hat.
Im Würzburger Echter-Verlag ist unter dem Titel „Leiden – Sterben – Leben. 14 Aufbrüche gegen Bedrängnis und Tod“ ein Buch erhältlich, in dem der Kreuzweg mit Texten des katholischen Pfarrers Markus Zimmermann vertieft wird.
Fotos: Bauer und Hanselmann