Am Fuß der steinernen Kanzel trifft man auf den Evangelisten Matthäus, erklärt Silke Kuhn.
Foto: Pat Christ
Würzburger Kirchenführer erklären jedes Jahr 5.500 Menschen den Dom
Gäste, die Würzburg kennen lernen wollen, interessieren sich für die Residenz, die Festung – und nicht zuletzt für den Dom. Einige versuchen, den Dom auf eigene Faust zu entdecken. Manche schließen sich einer Stadtführung an. Etliche Touristen nehmen aber auch an einer der zwischen Ostern und Herbst täglich angebotenen Mittagsführungen teil oder buchen eine Gruppenführung. 25 ehrenamtliche Kirchenführer erklären etwa 5.500 Interessierten jedes Jahr die Besonderheiten des Sakralbaus.
Damit Führungen durch den Dom und andere Kirchen der Innenstadt zum Erfolg werden, sind die Kirchenführer gründlich ausgebildet. „Unsere Schulung umfasst 32 Stunden an 15 Terminen“, sagt Rüdiger Seyler, der die Ausbildung der Kirchenführer mit Alexandra Eck, Referentin für die Dombesucherpastoral, verantwortet. Ausgebildet wird nach Bedarf, so Eck: „Immer dann, wenn wir neue Kirchenführer brauchen.“
In den letzten Jahren war das Team der Kirchenführer stabil. Deshalb fand seit 2010 keine Schulung mehr statt, so Eck: „Doch es ist geplant, noch vor 2020 eine neue Ausbildung anzubieten.“ Die Kirchenführer werden älter und es ist absehbar, dass sie irgendwann ausscheiden werden.
Zu den Absolventen des letzten Kurses gehört Silke Kuhn. Sie habe von klein auf eine enge Beziehung zum Dom, erklärt die Wirtschaftswissenschaftlerin, die in Rimpar bei Würzburg aufgewachsen ist: „Als Kind ging ich oft am Wochenende in den Abendgottesdienst.“ Von ihrer Großmutter erfuhr sie über die Zerstörung Würzburgs im Zweiten Weltkrieg, vor allem auch über die massive Beschädigung des Doms. Dies ist heute ein wichtiges Thema ihrer Führungen. Auf Spuren der Zerstörung während des Zweiten Weltkriegs stößt man im Dom überall. Zum Beispiel an der Kanzel. Zwar blieb der steinerne Kanzelbau weitgehend unbehelligt: „Doch der Holzdeckel musste komplett ersetzt werden.“
Silke Kuhn fasziniert an „ihrem“ Dom, dass er historisch so schillernd ist. Neben Werken, die vermutlich mehr als 1.000 Jahre alt sind, trifft man auf solche von zeitgenössischen Künstlern. Die Führung selbst ist dramaturgisch als mehrfache „Zeitreise“ durch den Dom aufgebaut. Kuhn sagt: „Beim Gang zum Altar durchschreitet man die Epochen.“ Je weiter man nach vorne kommt, desto jünger werden auch die Bischöfe, an die Epitaphe erinnern. Die Zeitreise kann gleichzeitig auch biografisch gedeutet werden: „Sie führt von der eigenen Geburt bis zum Tod.“
In der Schulung erhalten angehende Kirchenführer viele Ideen, wie sie den Dom spannend erklären können. Damit werden die Seminare der herausragenden Bedeutung des Sakralbaus gerecht. Kleinere Pfarreien können sich solche aufwändigen Schulungen nicht leisten, weiß Eck. Dennoch sei es möglich, dass sich das Team vor Ort einen Plan zurechtlegt, wie man damit umgeht, wenn etwa ein Vater mit seiner Tochter während einer Urlaubsreise spontan in die Kirche kommt.
Jeder Mitarbeiter der Pfarrei könne sicher etwas darüber erzählen, weshalb die Kirche so heißt, wie sie heißt, und welche Gestaltungselemente auf den Namen verweisen. Und sicher hat jeder einen Lieblingsort in der Kirche, zu dem er mit dem Gast gehen kann. Daten und Zahlen über einzelne Bauphasen „herunterzurattern“, ist laut Eck gar nicht nötig: „Die merken sich die Menschen doch nicht.“ Sie selbst hält bei Domführungen den Zahlenteil kurz.