Kirchliche Räume werden überall größer, das Personal dagegen wird weniger, Menschen leben ein flexibleres und mobileres Leben, wollen sich vielfach nicht über Jahre an ein Gremium binden. Auch Kirche muss mehr zusammenarbeiten, wenn sie die Herausforderungen der modernen Gesellschaft meistern und darin weiterhin Gehör finden will. Vielerorts haben sich tragfähige und zukunftsfähige Kooperationsmodelle entwickelt:
Partnerin in der Großstadt
Das Miteinander ist bei der Katholischen Stadtkirche Nürnberg Grundlage ihrer Arbeit: miteinander über Diözesangrenzen hinweg, miteinander über Konfessions- und Religionsgrenzen hinweg. Denn das Stadtgebiet liegt sowohl im Bereich des Erzbistums Bamberg als auch im Gebiet des Bistums Eichstätt. Zählt der größere Norden der Stadt inklusive Altstadt zum Erzbistum Bamberg, sind die südlichen Stadtteile ab Langwasser Teil von Eichstätt. Zum Miteinander zählt natürlich auch die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlichen. Und diese wird im Zuge sinkender Priesterzahlen, steigender Verwaltungstätigkeit und nach wie vor hoher Nachfrage nach caritativen und spirituellen Angeboten immer enger.
Was ist die „Katholische Stadtkirche Nürnberg“?
23,5 Prozent der mehr als 535.000 Einwohner Nürnbergs sind Mitglieder der römisch-katholischen Kirche, die evangelische Kirche hat zwei Prozentpunkte mehr. Um den Erfordernissen moderner Großstadtseelsorge gerecht zu werden und in der Öffentlichkeit mit einer Stimme sprechen zu können, haben die Bistümer 1976 die Katholische Stadtkirche Nürnberg gegründet. Oberster Repräsentant ist der Stadtdekan. Seit bald zwölf Jahren ist nun Hubertus Förster im Amt, 2020 ist altersbedingt Schluss. Es steht also eine Neuwahl des Stadtdekans an und das ist in dieser Art schon besonders: Denn nicht nur Kleriker wählen aus ihren Reihen den Nürnberger Stadtdekan, sondern auch pastorales Personal und Mitglieder des Katholikenrats, ein Zusammenschluss der beiden Dekanatsräte. Zur Stadtdekanewahl wird das Wahlgremium eigens zusammengerufen.
Unter „Katholischer Stadtkirche Nürnberg“ ist das gesamte katholische Angebot in der Stadt zu verstehen, dazu zählen: die insgesamt acht Seelsorgebereiche und Pfarrverbände beider Dekanate mit ihren etwa 40 Pfarreien, den Kindertagesstätten, Sozialstationen und weiteren Angeboten; die Cityseelsorge Offene Kirche St. Klara; die Kategorialseelsorge wie in Kliniken, Justizvollzugsanstalt und Hochschule; das Caritas-Pirckheimer-Haus; Ordensgemeinschaften, Caritas sowie die vielen katholischen Verbände und Organisationen.
Anlaufstelle „Haus der Katholischen Stadtkirche“
Und dann gibt es in prominenter Lage in der Fußgängerzone der Innenstadt noch das „Haus der Katholischen Stadtkirche“. Dort werden zentrale Dienste angeboten und Schnittstellenarbeit geleistet. Das Büro des Stadtdekans, das Matrikelamt, das die Pfarrbücher der Nürnberger Pfarreien verwaltet, das Beratungs- und Kulturcafé „Fenster zur Stadt“, der Weltladen „Fenster zur Welt“ sowie die Familienbildung „Zoff und Harmonie“, Jugendreferat und BDKJ, die Pressestelle, Mediathek und Schulreferat sind dort vertreten.
Ein Wort noch zur Ökumene: Die Katholische Stadtkirche und das Evangelisch-Lutherische Dekanat arbeiten eng und vertrauensvoll zusammen wie in Gottesdiensten, im Rat der Religionen und bei gemeinsamen Präsentationen, beispielsweise auf dem Christkindlesmarkt. Kirche wirkt in Nürnberg miteinander! Als gesellschaftlich unverzichtbar betrachten Nürnberger Politiker, Gewerkschaften und Verbände die Katholische Stadtkirche in Nürnberg. Seit mehr als 40 Jahren haben sie jetzt eine feste Anlaufstelle. (pil)
Kreiskatholikenräte
Sie sind eine Besonderheit in manchen (Erz-)Diözesen, die sogenannten Kreiskatholikenräte. Vielfach sind Dekanats- und Landkreisgrenzen identisch. Ist das nicht der Fall, hat beispielsweise das Erzbistum München und Freising Kreiskatholikenräte eingerichtet. Sie werden gebildet aus Vertretern der Dekanatsräte und der auf Kreisebene tätigen katholischen Organisationen und Einrichtungen. Zu den Aufgaben des Kreiskatholikenrates gehört es unter anderem,
- die Entwicklung im gesellschaftlichen und kommunalen Leben zu beobachten und Anliegen der Katholiken in der Öffentlichkeit zu vertreten,
- Anregungen für das Wirken der Katholiken in der Gesellschaft zu geben und den Kontakt zu den kommunalen Gremien und gesellschaftlichen Gruppen zu pflegen,
- die ökumenische Zusammenarbeit zu fördern und zu vertiefen,
- zu Fragen des öffentlichen Lebens Stellung zu nehmen,
- Angelegenheiten, die eine Zusammenarbeit der Dekanatsräte mit den Organisationen und Einrichtungen des Landkreises erfordern, zu beraten und für die Erfüllung gemeinsamer Aufgaben Sorge zu tragen,
- für gegenseitige Informationen der Dekanatsräte, Organisationen und Einrichtungen des Landkreises über Planungen, Initiativen und Aktivitäten zu sorgen. (dr)
Stadtkatholikenrat Mühldorf
Die Strukturveränderungen der vergangenen Jahre haben beispielsweise Seelsorgern und Ehrenamtlichen in Mühldorf am Inn (Erzbistum München und Freising) deutlich gemacht, dass sie ihre Zusammenarbeit noch stärker vernetzen und Synergieeffekte nutzen müssen. Daher gibt es seit einiger Zeit dort einen sogenannten Stadtkatholikenrat: diesem Gremium gehören neben dem Leiter der Stadtkirche und dem Pastoralteam auch die jeweiligen Vorsitzenden der sechs Pfarrgemeinderäte sowie je ein weiterer Delegierter aus den sechs Pfarreien an. Zwei Vertreter des Jugendrates komplettieren das Gremium.
Der Jugendrat der sechs Pfarreien hält den Kontakt zwischen Jugend und Pfarrgemeinde. Er plant gemeinsame Projekte und Aktionen und ist Anlaufstelle für Jugendliche. (alx)
Landeskomitee der Katholiken in Bayern
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern ist der Zusammenschluss der Diözesanräte der bayerischen Bistümer und der auf Landesebene tätigen kirchlich anerkannten Organisationen und Einrichtungen – also die Dachorganisation für alle kirchlich engagierten Ehrenamtlichen in Bayern. Es hat insbesondere die Aufgabe, die Entwicklungen im gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Leben zu beobachten und Anliegen der Katholiken von landespolitischer Bedeutung in der Öffentlichkeit zu vertreten – dazu organisiert man Veranstaltungen, gibt Stellungnahmen heraus und versorgt die Ehrenamtlichen mit Arbeitsmaterial zu unterschiedlichen Themen. Das Landeskomitee wirkt an den kirchlichen Entscheidungen im überdiözesanen Bereich der bayerischen Diözesen mit und berät die Freisinger Bischofskonferenz in Fragen des kirchlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Lebens.
Nach der Würzburger Synode war eigentlich angedacht, in allen Bundesländern eine Einrichtung wie das Landeskomitee zu gründen – nur Bayern hatte das bereits 1951 umgesetzt, bedingt auch durch die Tatsache, dass hier die Bistumsgrenzen mit der Landesgrenze identisch sind und es mit der Freisinger Bischofskonferenz ein eigenes Gremium der Bischöfe gibt. Nur in Niedersachsen gibt es mit dem Landeskatholikenausschuss Niedersachsen ein ähnliches Gremium wie das Landeskomitee. (alx)
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