Kolumne
Wer Gott verkaufen kann, kann alles verkaufen
In der Debatte über die Digitalisierung werden immer wieder die bisher ungenutzten Chancen der so genannten Künstlichen Intelligenz angemahnt. Diese geht deutlich über die Verbesserung von automatisierten Abläufen bei der Produktion von Gütern oder auch in Software-Lösungen hinaus. Künstliche Intelligenz ist dazu in der Lage, autonom (selbständig) Probleme zu erkennen und zugleich neue Lösungen anzubieten und sogar umzusetzen.
Die Analyse von komplizierten Abläufen bezieht sich dabei meist noch auf technische Prozesse. Zunehmend rücken jedoch auch Alltagsereignisse bis hin zum autonomen Fahren in den Fokus der Ingenieure. Ob eine Künstliche Intelligenz allerdings in ihrem Fall richtig gehandelt hätte, bezweifelte die Personalleiterin eines Software-Herstellers, die für die Gewinnung neuer Mitarbeiter verantwortlich ist, kürzlich auf der Internetplattform „XING“: Ein Theologe bewarb sich bei ihrem Unternehmen um die Stelle eines Sales-Managers, also eines Verkaufsleiters. Zwar legitim, aber doch ungewöhnlich. Vermutlich hätte eine Künstliche Intelligenz diese Bewerbung aussortiert. Schließlich erfüllte der Theologe die gestellten Anforderungen nicht wirklich.
Heute wisse sie jedoch, so die Personalleiterin, dass es sich gelohnt habe, den neuen Kollegen nicht streng nach Lebenslauf zu bewerten, sondern nach dem positiven Eindruck seines Bewerbungsschreibens. Der persönliche Kontakt beim Vorstellungsgespräch habe diesen Eindruck bestätigt.
„Wer Gott verkaufen kann, kann alles verkaufen.“ – so lautete der Schlüsselsatz im Anschreiben des theologischen Bewerbers, der den Ausschlag gab, sich diesen Kandidaten näher anzuschauen. Manchmal sei das Bauchgefühl eben doch besser als der Algorithmus einer Künstlichen Intelligenz. Auch wenn sie Künstliche Intelligenz im Bereich der Personalgewinnung durchaus für zielführend hält, hätte ein noch so ausgeklügeltes Programm vermutlich diese „Perle“, die sich als „echter Gewinn“ für das Unternehmen herausgestellt habe, links liegen lassen, mutmaßt die Personalverantwortliche. Algorithmen könnten nicht zwischen den Zeilen lesen und hätten auch wenig Sinn für Humor.
Da der Bewerber überzeugt war und auch andere davon überzeugen konnte, Gottes Botschaft anschaulich vermitteln zu können, scheint er ein echtes Verkaufstalent zu sein. Vielleicht sollte auch die Kirche wieder mehr zwischen den Zeilen lesen und Humor beweisen anstatt Algorithmen zu folgen, über die sich sogar Jesus Christus nur wundern würde.
Erneuert
Der Frühling
war am Werk
Erneuert
die grünen Lungen
unserer Stadt
Sie arbeiten wieder
mit voller Kraft
Und wir
leben auf
Gedicht aus: Friedrich Hirschl (2017), Stilles Theater. Edition Lichtung.
Friedrich Hirschl wurde 1956 in Passau geboren,
studierte dort Philosophie und Theologie.