Pilgernde Fans, Prozession, Trikots und Talar
Parallelen zwischen Liturgie und Fußball
Von Diana Schmid, Freie Journalistin
Wer schon einmal als Zaungast ein Fußballspiel im Stadion erlebt hat, beobachtet bisweilen interessante Geschehnisse. Diese haben mit dem Spiel erst einmal gar nichts zu tun. Um was es hier geht? Um Hymnen, Riten, Anbetungslieder. Mancher mag sich an einen Gottesdienst erinnert fühlen.
Die Fans sind im Stadion und die Kirche bleibt im Dorf. Das klingt an sich nach zwei völlig verschiedenen Welten. Doch die Welt von Fußball und christlichem Glauben haben bei näherem Hinsehen einiges gemeinsam. Im Fußball gibt es verblüffende Parallelen zur Liturgie aus dem christlichen Gottesdienst – also der offiziell festgelegten Form und übergreifenden Ordnung mit ihren religiösen Zeremonien und Riten.
Vor einem Fußballspiel nehmen die Fans lange Wege auf sich. Im besten Fall pilgern sie beim Heimspiel ins eigene Stadion, mit Schals ihrer Idole behängt und Fußballhymnen auf den Lippen. Das hat etwas von einer christlichen Prozession oder Pilgerreise, bei der es auch Gewänder und Gesänge gibt. Im Stadion dann, bevor der Pfiff zum Anstoß ertönt, nehmen die Fangesänge so richtig Fahrt auf. Die Leute begeistern sich für eine gemeinsame Sache: Fußball! Das verbindet. Dies erinnert an den Einzug in die Kirche, begleitet von Eingangsliedern und Hymnen. Auch hier begeistern sich die Christen für eine gemeinsame Sache: ihren Glauben an Jesus Christus. Das verbindet. Was sich im Stadion auf dem „Heiligen Rasen“ fortsetzt, spielt sich in der Kirche im heiligen Altarraum ab. Hier ziehen Spieler samt Schiedsrichter ein, stehen im Trikot auf dem Platz. Dort zieht der Pfarrer samt liturgischem Dienst ein, die Gottesdienstbesucher sitzen in den Bänken. Letztere in Sonntagskleidung, der Pfarrer im Messgewand. Hüben wie drüben sind Ort und Riten streng festgelegt. Auch der Zeitrahmen ist fest, gibt auf dem Platz Minimum 90 Minuten vor. Wenn es schwierig wird, geht es in die Verlängerung. In der Kirche dauert es, wenn Chor und Pfarrer sich nicht verzetteln, unter 90 Minuten. Je nachdem kann es auch mal länger dauern.
Der eingefleischte Fan oder Christ weiß, wie der Hase läuft. Wann er zum Beispiel singend gefordert ist, wann er aufspringen, wann knien, wann bedächtig beten und schweigen muss. Insider-Knigge eben. Das gibt Halt und schafft Identität.
Ade Gärtner vom Christlichen Fußballer Netzwerk kennt beide Welten, sieht durchaus viel Religiöses im Stadion. Bei „Anbetungsliedern“ auf den „Club“ könnte man statt der Mannschaft direkt „Jesus“ einsetzen und hätte ein Lobpreislied. Vorsicht ist geboten, denn eins dürfe nicht passieren: dass Fußball zum Götzen wird. Hier sollten sportliche Christen zeigen, dass es für sie neben dem Fußball noch etwas Größeres gibt. Und schließlich geht für Christen die Glaubenspartie immer mit einem Sieg aus.
Mehr zum Christlichen Fußballer Netzwerk (CFN) und zur Arbeit von Ade Gärtner an der Grenze zwischen Sport und Gaube lesen Sie in unserem Beitrag „Hoppla heut‘ ist Fußball“.
Foto: Diana Schmid
3 x B
Der Name ist kurz und einprägsam: BBB – das sind die ökumenischen Sportexerzitien in Bernau am Chiemsee. Die drei Buchstaben stehen für Begegnen – Bewegen – Besinnen. Die drei Teile lassen sich gut miteinander verknüpfen, wenn man beispielsweise gemeinsam mit „Feuer und Flamme“ eine Fackelwanderung mit Männern, Väter und Großvätern durch den Schnee unternimmt, beim meditativen Bogenschießen der Frauen „seine eigene Mitte“ findet, bei einer gemeinsamen Radlwallfahrt „alles am Laufen“ hält oder sich zu einem „Friedens-Gipfeltreffen“ hoch oben am Berg zu einer Taize-Andacht zusammenfindet.
Höhepunkt und Abschluss ist im November stets ein eher ruhigerer „Abend für Leib und Seele“, bei dem gemeinsam gekocht, gesungen und erzählt wird. Seit zwei Jahren ist auch ein meditatives Adventsschwimmen unter dem Motto „Einfach mal abtauchen“ im Programm, das stets kurz vor Heilig Abend stattfindet.
Rainer Wicha, Gregor Thalhammer und Martin Berwanger aus der Katholischen Pfarrgemeinde St. Laurentius in Bernau am Chiemsee haben BBB im Jahr 2015 ins Leben gerufen. Ziel ist seitdem, Begegnung untereinander zu schaffen, Angebote für gemeinsame Besinnung und Freude an körperlicher Bewegung zu fördern. Ursprünglich war man auf der Suche nach einem Angebot für Männer. Bereits 2016 wurde dazu die evangelische Schwestergemeinde in Bernau mit ins Boot geholt, mit dem Wunsch, daraus eine gemeinsame, ökumenische Veranstaltungsreihe zu etablieren. Das ist gelungen und die Ökumene in Bernau wurde beflügelt. Mittlerweile sind alle Aktionen für Frauen und Männer gleichermaßen offen. Die Angebote werden von Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und verschiedenen Alters angenommen. BBB erfreut sich großen Interesses – abgesagt werden musste noch nie eine Veranstaltung. (pm)
Mehr dazu unter auf der Homepage des Pfarrverbandes Westliches Chiemseeufer, zu dem die Gemeinde Bernau gehört.
Götter auf heiligem Rasen?
In Fußballstadien prallen Welten aufeinander, nicht nur in sportlicher Hinsicht. Hier trifft der Götzendienst auf christlichen Glauben. Die Frage, ob Fußball als Ersatzreligion gelten kann, sie ist heftig umstritten. Es gibt inzwischen etliche Publikationen, die sich mit diesem Thema befassen:
- Joachim von Soosten, Kraftfelder des Begehrens, in: fußball ver-rückt, Hg. Peter Noss, Berlin 2006.
- Moshe Zimmermann, in: fußball ver-rückt, Gefühl, Vernunft, Religion, Hg. Peter Noss, Berlin 2006.
- Fritz Walter, „3:2 – Die Spiele der Weltmeisterschaft von 1954“.
- Eugen Eckert, Der Heilige Geist ist keine Schwalbe, München 2014.
- Andreas Merkt, Fußballgott – Elf Einwürfe.
„Zwischen Himmel und Erde“
So lautete der Titel der ersten Bergexerzitien der beiden Pastoralreferenten Anton Högerl und Ulrich Hörwick, die sie mit Zivildienstleistenden Anfang der 1990er Jahre im Wilden Kaiser angeboten haben; damals noch mit dem Untertitel „Bergsteigen und Meditation“. Damals war das Neuland, inzwischen hat sich das Angebot etabliert.
Bergexerzitien erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Aus Einzelunternehmungen von Seelsorgern aus verschiedenen Bistümern, wie zum Beispiel eben der Zivi-Werkwochen „Zwischen Himmel und Erde“ und Bergexerzitien für Theologiestudierende in den 1990er Jahren und um die Jahrtausendwende, hat sich inzwischen eine feste Struktur mit einem Referentenstamm und Aus- und Fortbildungen entwickelt, an der vor allem bergbegeisterte Seelsorger aus den Bistümern Augsburg und München beteiligt sind.
Das Bistum Augsburg hat eigens eine Homepage eingerichtet. Dort findet sich mittlerweile ein breites und vielgestaltiges Angebot zu dieser Form von Exerzitien.
Weiteres Material
Zur Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2014 hat das Hilfswerk Brot für die Welt Bausteine für einen Fußballgottesdienst veröffentlicht. Das Heft ist hier als Download verfügbar.
Weitere Arbeitshilfen und Bausteine gibt es beispielsweise bei den Salesianern Don Boscos.
Wie man das Thema „Fußball“ in der Kinderkirche geschickt verpacken kann, lesen Sie hier.
Viele weitere Informationen rund um „Sport und Kirche“ aus der Evangelischen Kirche sowie Anregungen für die ökumenische Zusammenarbeit in diesem Bereich, gibt es hier.
Auch vom Bayerischen Landessportverband gibt es eine Arbeitshilfe zur Vorbereitung und Gestaltung von Gottesdiensten, Segnungen und Einweihungen im Vereinsleben.
Auf dieser Seite finden sich ökumenische Bausteine für die liturgische Gestaltung eines Sportvereinsjubiläums.
Auf auf der Homepage des DJK Sportverbandes gibt es Material.
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