Ist das Kunst oder kann das Frieden?
Das Jahr 2020 gehört dem Thema „Friede“, das die katholischen Hilfswerke während der vergangenen Monate unter dem offiziellen Motto „Frieden leben“ in den Fokus ihrer Arbeit gestellt haben. Zum Jahreswechsel heißt es dann wieder: Neues Jahr, neues Thema. Oder?
Nicht ganz. Denn so schnell soll dieses weite und wichtige Thema dann doch nicht ad acta gelegt werden – dachte sich zumindest Claudia Pfrang, Leiterin der Domberg-Akademie in Freising. Deswegen trat sie an die in Freising und München ansässigen Hilfswerke sowie an die Abteilung Weltkirche der Erzdiözese heran, um gemeinsam mit Barbara J. Th. Schmidt (Misereor in Bayern), Christian Mazenik (Missio München), Claudia Gawrich (Renovabis) und Patrizia Wackers (Abteilung Weltkirche) mit einem weiteren Friedensprojekt an die Thematik dieses Jahres anzuknüpfen. Genauer gesagt handelt es sich dabei um ein Kunstprojekt, dessen offizieller Startschuss im Februar 2021 fallen wird und das sich anschließend über das gesamte kommende Jahr erstrecken wird. Im Mittelpunkt steht der persönliche Beitrag zu einer friedlichen Welt. Und außerdem: Tüten über Tüten.
Eine friedliche Tüte?
Ins Spiel brachte die Tüten der Künstler Johannes Volkmann von Das Papiertheater Nürnberg. Wieso soll denn ausgerechnet ein Alltagsgegenstand wie eine Tüte ein Zeichen für den Frieden setzen, muss Kunst denn immer so abstrakt sein? Die Antwort darauf ist tatsächlich so schlicht wie die Tüte selbst.
Gerade aufgrund ihrer Einfachheit ermöglichen die Tüten eine simple Umsetzung des Projekts sowie universale Einsatzmöglichkeiten: sie sind beidseitig sowie frei gestaltbar und können im Rahmen kleiner Aktionen bis hin zur Umsetzung öffentlichkeitswirksamer Veranstaltungen genutzt werden. Gleichzeitig wird durch die Wahl eines so unspektakulären Gegenstands viel Raum für die eigentliche Friedensbotschaft gelassen, die hinter der Aktion steckt. Und zu guter Letzt und ganz nebenbei schlagen die Papiertüten als Alternative zu Einwegplastiktüten auch noch den Bogen zum Thema Nachhaltigkeit.
Nachdem nun mit der Erkenntnis, dass Tüten doch das Zeug zur Bewerbung einer friedlichen Welt haben, die Frage nach dem Weshalb geklärt ist, bleibt noch die Frage nach dem Wie.
Das Design? Schlicht. Der Slogan? Kurz, aber knackig: Was trage ich bei? … für eine friedliche Welt. Die Zielgruppe? Jede und jeder, denn alle können einen Beitrag leisten zum Frieden, ganz gleich wie groß oder klein. Ob Politikerinnen und Politiker, Schulkinder oder Passanten: Die Tüte bietet genug Platz, um sich kreativ auszutoben und den eigenen Beitrag jeder und jedes Einzelnen, die Welt ein Stück friedlicher zu machen, festzuhalten.
Jeder Mensch kann Frieden stiften
Eine simple Idee also, die eine Nachricht besonders hervorhebt: alle können etwas tun, alle tragen dazu bei. Und so werden von Kindern über Jugendliche hin zu Erwachsenen die unterschiedlichsten Gruppen dazu angeregt, sich über das Themenjahr hinaus mit dem Frieden auseinanderzusetzen.
Die Tüte funktioniert dabei nicht nur generationenübergreifend, sondern auch auf verschiedenen Ebenen und weltweit. Sie soll genutzt werden, um Dialoge auf persönlichem, gesellschaftlichem sowie politischem Level zu beginnen. Das kann sowohl in Schulen, Kitas, Gemeinden und kirchlichen Verbänden als auch im Rahmen eines thematischen Workshops oder politischen Gesprächs geschehen.
Kurzum, das Ziel der Tütenaktion ist es, eine möglichst große Bandbreite der Bevölkerung zu erreichen und zu friedlichem Denken, Handeln und Entscheiden anzuregen. Die über das ganze Jahr von unterschiedlichen Menschen an verschiedensten Orten gestalteten Tüten werden schließlich Ende 2021 gesammelt und im Anschluss gemeinsam als Bild des Friedens in einer Ausstellung gezeigt. Die kirchlichen Hilfswerke wollen in diesem Kontext außerdem (wieder) stärker als wichtige Akteure im Bereich ziviler Konfliktbearbeitung und Friedensarbeit auftreten und wahrgenommen werden.
Als kleiner Auftakt fand bereits im November ein Workshop statt, im Rahmen dessen eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen die allerersten Tüten gestaltet haben.
Die offizielle Eröffnungsveranstaltung wird nächstes Jahr im Zeitraum von 4. bis 7. Februar im Vorfeld der Sicherheitskonferenz in München stattfinden. Und da sich in diesem Projekt alles um Tüten dreht, ist es keine Überraschung, dass die zentralen Installationen ein weites Feld aus Tüten sowie eine über fünf Meter große Tüte sein werden.
Alle aktuellen Informationen zur Aktion Frieden leben. Was trage ich bei? … für eine friedliche Welt und zur Bestellung der Tüten finden Sie hier: www.frieden-leben.de.
Text: Lena Gahr, Misereor in Bayern
Dann könnte Friede sein…
Ein Kreuz, ein Anker und ein Herz, die drei Symbole stehen für Glaube, Hoffnung und Liebe – drei Symbole für die drei „göttlichen“ Tugenden – zusammen mit den vier „Kardinaltugenden“ Gerechtigkeit (iustitia), Mäßigung (temperantia), Tapferkeit und Hochsinn (fortitudo, magnitudo animi bzw. virtus) und Weisheit oder Klugheit (sapientia bzw. prudentia) sind das die Fähigkeiten oder Haltungen, die den Menschen tauglich machen sollen für ein Zusammenleben und vor dem Angesicht Gottes. Das bedeutet: je mehr ein Mensch in und mit diesen Haltungen lebt und sich entsprechend verhält, umso mehr müsste ihm das Leben gelingen und umso mehr kann er sich Gott verbunden sehen. Das heißt aber auch: wenn sich Institutionen wie Einzelpersonen daran orientieren würden, dann könnte Friede sein auf dieser Welt.
Doch, so ist es leider nicht. Im vergangenen Mai wurde der 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs begangen. Aber schon für einige Länder in Osteuropa bedeutete dieses Datum nicht, dass seitdem kein Krieg oder zumindest keine kriegerische Auseinandersetzungen mehr sattgefunden hätten.
Noch immer herrscht Krieg
Anfang der 1990er Jahre flüchteten viele aus dem zerfallenden Ex-Jugoslawien und nun seit sechs Jahren findet ein Krieg im Osten Europas statt, der nicht so genannt wird. Vorletztes Jahr habe ich selbst in Kiew und Lemberg die Gräber von Gefallenen gesehen – aus diesem aktuellen Krieg, neben denen der Toten aus den beiden Weltkriegen. Auf den Straßen waren auch die jungen ukrainischen Soldaten auf dem Hin- oder Rückweg zur oder von der Front im Osten unterwegs. Und wenn man über Europa und seine Grenzen hinaussieht, so gab es in diesen 75 Jahren tatsächlich mehr Kriege als die Zahl dieser Jahre.
Und letztlich wirkt auch der Zweite Weltkrieg bis heute nach – nicht nur in Europa, sondern weit darüber hinaus. Ganze Generationen sind bis heute entweder direkt oder indirekt von den Folgen des Krieges betroffen – sei es durch Traumata, die bis heute in den Familien zu spüren sind, sei es durch das Ver- oder Beschweigen der eigenen Täterverstrickung oder Opfergeschichten.
Wie konnte all das geschehen? Nie wieder Krieg – so hatte es doch damals geheißen…
Text: Ludwig Schmidinger, Bischöflicher Beauftragter für KZ-Gedenkstättenarbeit in der Erzdiözese München und Freising
Erinnern, mahnen, gedenken – das sind die drei Hauptbewegründe der Gedenkstättenseelsorge in der Erzdiözese München und Freising. Neben spirituellen Angeboten gibt es auch Führungen durch die KZ-Gedenkstätte Dachau und weitere Veranstaltungen.
Auch die meisten anderen Gedenkstätten haben solche Programme.
Die Karikatur in unserem Heft stammt von Josef Čapek (1887-1945). Der tschechische Maler und Publizist attackierte und demaskierte seit 1933 mit seinen Zeichnungen und Texten geistreich die Diktaturen im nationalsozialistischen Deutschland und im faschistischen Italien. 1939 wurde er von der Gestapo verhaftet und ins KZ Dachau verschleppt. Ende September 1939 kam er ins KZ Buchenwald, im Juni 1942 nach Sachsenhausen und im Februar 1945 nach Bergen-Belsen, wo er im April 1945 kurz vor der Befreiung des Konzentrationslagers starb.
Die Karikatur ist Teil einer Wanderausstellung, die inzwischen seit fast 40 Jahren in Europa unterwegs ist. Sie kann bei der Čapek Gesellschaft gebucht werden.
Wer mehr über die Čapek Gesellschaft erfahren möchte, kann sich hier informieren: https://tunkan.de und http://www.bohemistik.de/capek0.html.
12 Friedensgesten
Frieden entsteht nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen – das haben sich auch engagierte Jugendliche von go4peace gedacht und passend zur Jahreskampagne der Hilfswerke und Diözesen eine Aktion ins Leben gerufen: 12 Friedensgesten setzen Impulse für den Frieden im Alltäglichen.
„Die Welt ist zu einem neuen Miteinander gerufen. Der Friede – alles andere als selbstverständlich – wird neu als Gabe und Auf-Gabe entdeckt. Im Frieden mit sich, mit dem Nächsten, mit der Schöpfung und mit Gott zu sein, will entdeckt, gelernt und bewahrt werden“, mit diesen Worten laden die Initiatoren ein im Jahr 2020 und darüber hinaus, Friedensgesten einzuüben und so zu Boten des Friedens zu werden. Aufbauend auf einer jeweils kurz angerissenen biblischen Geschichte erzählen junge Menschen aus ganz Europa über ihre Erfahrungen zum jeweiligen Monatsthema. Nachzulesen ist das Ganze in 23 Sprachen in der App go4peace oder auf der Homepage des Vereins. Zu jeder Friedensgeste gibt es auch einen Videoclip.
Der Januar begann mit „Frieden im Herzen finden“, im Februar lautete die Friedensgeste dann „Intensiv zuhören“. „Vertrauen schenken“ stand im März im Mittelpunkt, das „gemeinsame Beten“ im Juni und der August forderte auf „Müll zu sammeln“. Für jeden Monat haben sich engagierte Mitglieder von go4peace eine Friedensgeste einfallen lassen – mal spirituell, mal persönlich, dann auch wieder ganz praktisch, Situationen die jeder Einzelne kennt.
go4peace begann 1995 in den Trümmern des Balkankrieges. Jugendliche aus verschiedenen europäischen Ländern fingen an, dort Wiederaufbauarbeit zu leisten. Leitmotive waren „don‘t stop giving“, „forgive and give” und „be brother, be sister“. Aus diesem geteilten Leben erwuchs das Jugendzentrum „Ivan Pavao II“ in Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina, das Papst Franziskus 2015 besucht hat. Er ermutigte die Jugendlichen: „Ihr habt eine wichtige Berufung, niemals Mauern zu bauen, sondern nur Brücken“.
Das „Brücken bauen“ hat go4peace – building bridges, wie der Verein mit vollem Namen heißt, verinnerlicht. Heute ist go4peace ein engagierter Verein, der sich für die Förderung internationaler Jugendbegegnung einsetzt, ebenso wie für Völkerverständigung und einen intensiven interkulturellen Austausch zwischen Jugendlichen.
„Standen am Anfang des Weges verzweifelte Blicke vieler Menschen aus dem Balkan, so trafen uns in den Jahren 2014 bis 2016 diese Blicke in unserem eigenen Land. Es waren die Blicke vieler Flüchtlinge – Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche. Aus aller Welt sind sie zu uns gekommen. Sie sind aufgebrochen aus ihrer geliebten Heimat, in der sie – oft mit dem Tode bedroht – nicht mehr bleiben konnten“, schreiben die engagierten Jugendlichen von go4peace über ihre Motivation.
Im nordrhein-westfälischen Kamen haben im Sommer 2015 gut 130 junge Menschen aus 17 europäischen Ländern an einem Friedenscamp teilgenommen und sich gemeinsam mit geflüchteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen als Menschheitsfamilie gefühlt – eine Erinnerung, die bleibt.
Mehr als 1.500 Jugendliche aus 29 verschiedenen Nationen haben bisher an den go4peace-Camps in ganz Europa engagiert teilgenommen und konnten dort erleben, dass „ein Miteinander über alle Grenzen hinweg möglich ist.“ 2017 ging es nach Shkodra (Nordalbanien), 2018 nach Koszalin (Polen) und im vergangenen Jahr fand das Friedenscamp in Brno (Tschechien) statt. „Es ist kein Kinderspiel, für den Frieden zu leben und ihn zu verbreiten“, sagte Chiara Lubich 1997 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen. „Dazu braucht es Mut und Leidensfähigkeit. Wenn mehr Menschen das Leiden aus Liebe annehmen würden, könnte es das wirksamste Mittel sein, um der Menschheit ihre höchste Würde zu geben: jene nämlich, sich nicht als eine Vielzahl von Völkern zu verstehen, die nebeneinander her leben und sich häufig gegenseitig bekämpfen, sondern als ein einziges Volk, das durch die Verschiedenheit der Einzelnen noch schöner wird und die unterschiedlichen Identitäten bewahrt.“
go4peace sei für viele junge Leute zu einem Lebensstil geworden, aktiv für den Frieden in ihrem alltäglichen Umfeld zu leben. Sie haben erfahren, dass Frieden über alle Grenzen von Nationen, Religionen und Generationen hinweg möglich ist. Der Verein go4peace e.V. hat zum Ziel, diese jungen Europäer zu unterstützen und damit einen Beitrag zum Frieden in Europa zu leisten. (pm)
Auf der Homepage des Vereins finden sich viele Informationen über die Arbeit von go4peace, aktuelle Projekte und Veranstaltungen. Hier gibt es alle Informationen rund um die „12 Friedensgesten“, Impulse zum Nachdenken, die Videoclips und vieles mehr.
Vom Frieden in Kirchenliedern
Die Ausgabe November-Dezember 2020 von Gemeinde creativ regt an, nach dem Frieden in Kirchenliedern zu suchen. Für einen thematischen Gottesdienst zum Thema „Friede“, eine Andacht oder eine Gruppenstunde, lohnt der Blick in die gängigen Gebet- und Gesangbücher und deren Register. Allerdings: querblättern und sich inspirieren lassen kann hilfreich sein, um altbekannte Wege zu verlassen und Neues zu finden. Beispielsweise kann ein gängiges Kirchenlied, das unter dem Stichwort „Dank“ vermerkt ist, in der fünften Strophe, die normalerweise nicht mehr gesungen wird, schöne Bezüge zum Frieden herstellen.
Die Suche beginnt man am Besten mit dem „Klassiker“, dem Gotteslob. Hilfreich ist hier auch der „Themenschlüssel“ zum Gotteslob, den man nach Stichworten durchsuchen kann.Für bestimmte Zielgruppen, etwa Jugendliche und junge Erwachsene, gibt es spezielle Liederbücher, beispielsweise das „Effata“. Hier gibt es eine weiterführende Zusammenstellung von Gebet- und Gesangbüchern, katholischen und evangelischen.
Hier findet sich ein digitales Register zum Gotteslob.
Für ökumenische Gottesdienste lohnt sich ein Blick in die Gebet- und Gesangbücher der evangelischen Kolleginnen und Kollegen. Die evangelische Kirche in Hessen und Nassau stellt auf ihrer Plattform (www.zentrum-verkündigung.de) beispielsweise eine Liste mit Friedensliedern zur Verfügung.
Weitere Informationen gibt es auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilung „Kirchenmusik“ in den Ordinariaten.
In ihrem Beitrag gibt Diana Schmid anhand von Titelzeilen einige gute Hinweise auf Friedenslieder:
Frieden hat dem Wortursprung nach zu tun mit Schonung, Freundschaft oder auch Versöhnung. Es geht im Umkehrschluss um die Abwesenheit von Störungen. Das kann sich anfühlen „wie ein Fest nach langer Trauer“. „Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten“ können das bewirken. Interessant, wie das Lied „Schalom chaverim“ zeigt, dass im hebräischen „Schalom“ der Friede („Shalom“) und die Begrüßung („hallo“) gleichermaßen stecken. Man begrüßt sich mit dem Frieden. Oder man befriedet sich mit einem Hallo.
„Da berühren sich Himmel und Erde“, wenn dieser Friede unter Freunden vorhanden ist. Immer wieder neu dürfen wir uns an Jesus wenden, in versammelter Gemeinde oder jeder für sich, im stillen Kämmerlein: „Du Friedefürst, Herr Jesu Christ“. Wir dürfen ihn bitten: „Gib uns Frieden jeden Tag“. „Verleih uns Frieden gnädiglich.“ „Dona nobis pacem“ – Herr, gib uns Deinen Frieden. „Wer nur den lieben Gott lässt walten“, der hat Trost und Frieden gleichermaßen. „Ehre sei Gott und den Menschen Frieden“ – das vermag zu gelingen, wenn ein jeder bekennt: „Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt.“
Das „kleine Senfkorn Hoffnung“ kann zu „meiner Hoffnung und meiner Freude“ werden. Dann leuchtet die „Sonne der Gerechtigkeit“. Da kann man tief dankbar zu Gott beten: „Herr Deine Liebe ist wie Gras und Ufer“. Auch wenn „Unfriede herrscht auf der Erde“. Seine Liebe ist so mächtig, dass sie Mauern sprengen kann. „Nichts wird sich jemals zwischen uns und die Liebe Gottes stellen können“. Denn „wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr“. Deshalb: „Gott, lass meine Gedanken sich sammeln zu dir“. So kann Licht, Hilfe und Geduld zu jedem Menschen gelangen. Und das wünscht sich Gott: „Ihr seid das Licht in der Dunkelheit der Welt, ihr seid das Salz für die Erde – Gehet nicht auf in den Sorgen dieser Welt – Halleluja!“.
„Gut ist es, zu vertrauen auf den Herrn, besser, als zu vertrauen auf den Menschen.“ Dann „fließt der Friede Gottes durch das Land der Zeit“ – „wie ein Strom von oben“ – „aus der Herrlichkeit“. Dann wissen wir uns „wunderbar getragen von der Friedensflut“. Immer wieder dürfen wir uns zusprechen lassen und uns das zum Gebet machen: „Nichts soll dich ängstigen. Nichts dich erschrecken. Alles vergeht. Gott allein bleibt derselbe. Gott allein genügt.“
Hier schließt sich der Kreis. Wo kein Schrecken herrscht, gibt es keine Störungen. Da ist Frieden. „Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht“ und „das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt“, dann bräuchte es auch keine Friedenslieder mehr, weil unser Leben zum Gebet wurde, „dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut“. Er ist mitten unter uns. Und der Friede Christi, zu dem wir berufen sind in einem Leibe, regiert dann in unseren Herzen; dafür sind wir dankbar – Amen.
Text: Diana Schmid, Freie Journalistin
Friedensarbeit 2020
Selig, die Frieden stiften – so heißt es in der Bergpredigt. Diese Ermutigung zum Engagement für den Frieden nimmt pax christi seit 75 Jahren an. Alles begann 1945 mit der Pioniervision einer Lehrerin, Marthe-Marie Dortel-Claudot, und Bischof Pierre-Marie Théas von Montauban in Südfrankreich. Die Gründerinnen und Gründer wollten nach dem Zweiten Weltkrieg trotz aller Widrigkeiten die Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland fördern. Was als Gebetskampagne begann, wurde bald zur offiziellen internationalen katholischen Friedensbewegung – die Geburtsstunde von pax christi.
75 Jahre später engagieren sich Ehrenamtliche weltweit mit derselben Leidenschaft und Hingabe wie die Pioniere. Die Mitglieder des internationalen ökumenischen Netzwerks legen persönlich Zeugnis ab für die Botschaft des Friedens, der Versöhnung und der aktiven Gewaltfreiheit. Doch was heißt es heute, im Jahr 2020, die gewaltfreie Botschaft Jesu umzusetzen?
Für pax christi bedeutet es, die gewaltfreie Botschaft des Evangeliums politisch zu verstehen und sich für eine gerechte Welt ohne Gewalt und Waffen einzusetzen. Angesichts zahlreicher gewaltvoller staatlicher und innergesellschaftlicher Konflikte klingt diese Forderung zunächst naiv. Doch bereits Jesus hat gezeigt, dass Gewaltfreiheit nicht passiv oder schwach ist, sondern wirkungsvoll. Es ist ein neues Denken und Handeln dazu notwendig, eines, das sich nicht auf Gewalt, militärische Macht und Androhung von Militäreinsätzen stützt. Eine Politik der Gewaltfreiheit setzt dem Trend des Aufrüstens und der Militarisierung die klare Forderung nach globaler Abrüstung, Verbot von Rüstungsexporten sowie die Abschaffung von Atomwaffen entgegen. Darüber hinaus umfasst das Engagement für Frieden und Gewaltfreiheit auch den Einsatz für Menschenrechte und das Völkerrecht. So machen wir mit unserer aktuellen Kampagne „Kein Weihnachten in Moria“ auf die Situation der Geflüchteten auf den griechischen Inseln aufmerksam und fordern die sofortige Evakuierung der Menschen, um sie vor einem weiteren Winter in den menschenunwürdigen Lagern zu bewahren.
Mit Papst Franziskus hat pax christi einen wichtigen Unterstützer an seiner Seite. In seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2017 forderte der Papst, Gewaltfreiheit als Stil einer Politik für den Frieden zu begreifen und betont darin explizit die Wirksamkeit von praktizierter Gewaltfreiheit. Mit Verweis auf Vorbilder wie Mutter Teresa, Mahatma Ghandi und Martin Luther King jr. fordert er alle Menschen guten Willens auf, aktive Gewaltfreiheit zu einem Lebensstil zu machen und Spannungen und Konflikte durch Dialog, Achtung, Suche nach dem Wohl des anderen, Barmherzigkeit und Vergebung zu überwinden. Der Forderung folgt am Ende des Textes eine Ermutigung, der ich mich nur anschließen kann: „Alle können Handwerker und Handwerkerinnen des Friedens sein.“
Auch wenn das 75-jährige Jubiläum von pax christi nicht wie geplant gefeiert werden konnte, der Verband hat sich allerhand neue, „digitale“ Wege gesucht, um die Botschaft vom Frieden auch in diesem Jahr unter die Menschen zu bringen. Beispielsweise gibt es regelmäßige Online-Seminare unter dem Stichwort „Frieden 4.0“ und eine Ausstellung stellt sieben Protagonisten der gewaltfreien Aktion vor und will damit die Idee der Gewaltfreiheit als eine realistische Möglichkeit der Konfliktregulierung neu in den Blick nehmen und eine notwenige Diskussion einleiten. Mehr zum Jubiläum unter lesen Sie hier.
Auf der Homepage von pax christi finden sich Informationen zu aktuellen Kampagnen, Veranstaltungen und Publikationen. Impulse und Informationen gibt es auch auf dem Youtube-Kanal des Verbandes .
Text: Stephanie Wahl, Bundesvorsitzende pax christi
Beitragsbild: Das Papiertheater Nürnberg