Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: November-Dezember 2021

Kolumne

Sternstunden

Foto: Xaver Klaussner / Adobe stock

Als Sternstunden werden für gewöhnlich Momente bezeichnet, in denen herausragende Ereignisse greifbar und erlebbar werden, die auf ihre Weise ausgezeichnet, faszinierend oder gar bezaubernd sind. Sternstunden des Sports kommen vermutlich vielen in Erinnerung, ebenso Sternstunden im gesellschaftlichen und politischen Leben, und vor allem Sternstunden im persönlichen Leben.

Die Bandbreite ist dabei enorm: von Weltmeisterschaften und Olympiaden, über Friedensschlüsse nach einem Kriegsende bis hin zum Ende von Pandemien. Noch viel mehr prägen die privaten Sternstunden das eigene Leben, sei es die Geburt eines Kindes, die Hochzeit oder die Freude über die Genesung von schwerer Krankheit.

So unterschiedlich die Ursachen von Sternstunden sein können, so sehr sind sie alle geprägt von einem erfolgreichen, positiven Ausgang und Ergebnis, seien sie nun überraschend oder erwartet. Diese Eigenschaften sucht man (m/w/d) bei den in der deutschen Sprache zunehmend zu findenden Asterisken, den Sternchen, vergeblich.

Da wird von manchen Moderatoren*innen penibel darauf geachtet, dass jedes geschlechtsspezifische Wort auch phonetisch deutlich als gendergerecht zu verstehen ist: nach dem Sternchen wird bewusst eine kleine Pause eingelegt, um möglichst alle anzusprechen. Selbst in den gedruckten Medien, ob physisch oder digital, zeigen sich Redakteure*innen gerne bereit, solche Sternstunden optisch zu zelebrieren.

Es mag sein, dass die gendergerechte Sprache im Deutschen bislang ein erbärmliches Dasein gefristet hat. Andererseits kennen andere Sprachen keine oder nur äußerst selten geschlechtsspezifische Formulierungen. Ob wir Deutsche uns als Retter*innen einer diversifizierten Welt aufspielen sollten, sei allerdings dahingestellt.

Natürlich macht sich der Autor (sorry, hier muss auf das Sternchen verzichtet werden) dieser Zeilen ernsthafte Gedanken darüber, ob sich Menschen unterschiedlicher geschlechtlicher Orientierungen durch die bislang gebräuchlichen, simplifizierten Begriffe diskriminiert fühlen könnten. Auch sollen tiefgreifende Identitätsprobleme aufgrund der als falsch empfundenen eigenen Geschlechtlichkeit keineswegs kleingeredet werden.

Andererseits lechzen zahlreiche Menschen (m/w/d) nach einer Vereinfachung ihres als zunehmend komplex empfundenen Lebens. Ob die flächendeckende Einführung von Sternchen zu mehr Zufriedenheit oder auch zu mehr Gerechtigkeit führen wird, vermag wohl erst die Zukunft zu zeigen. Vielleicht hängen diese Ziele dann doch noch von anderen Faktoren ab. Der konstruktive Beitrag von Asterisken zu mehr Überschaubarkeit und Vereinfachung im Sinn eines „simplify your life“ dürfte jedenfalls ziemlich überschaubar bleiben.

Und so werden wohl auf absehbare Zeit viele vergeblich auf ihre Sternstunde warten. Aber auch in einer bewölkten Nacht kann man (m/w/d) träumen … von einer besseren Zukunft, von mehr Respekt, von mehr Gerechtigkeit, von mehr Glück und – wer mag – auch von mehr Sternchen, vielleicht sogar von echten, funkelnden Sternen ***

 


Verfasst von:

Karl Eder

Dr. Karl Eder ist Geschäftsführer des Landeskomitees der Katholiken in Bayern sowie Vorsitzender der Aktion für das Leben e. V. Er ist promovierter Liturgiewissenschaftler.