Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Mai-Juni 2022

Schwerpunkt

So gelingt’s bestimmt!

Kommunikation im PGR

„Kommunikation ist eigentlich ganz einfach – wenn sich jeder von uns so verhält, wie Jesus es getan hätte.“ – dieser Auffassung ist Marianne Voit-Lipowsky, die sich als Coachin, Trainerin und Supervisorin beruflich damit auseinandersetzt, wie ein gutes Miteinander gestaltet werden kann. Mit Gemeinde creativ hat sie darüber gesprochen, wie Kommunikation im Pfarrgemeinderat (PGR) gelingen kann.

„Das Wunderbare ist, dass die Frage nach gelingender Kommunikation der kirchlichen Botschaft schon im Blut liegt. Sie beinhaltet, dass wir Würde haben, dass wir berufen sind, dass wir beitragen dürfen. Wir sind Kraft der Taufe Priester, Königin und Prophetin. Wow! Was für ein Auftrag!“, sagte sie. Dieser Auftrag darf in den neu gewählten Pfarrgemeinderäten jetzt umgesetzt werden. Damit das funktionieren kann, muss jeder Pfarrgemeinderat zuerst einmal für sich klären, was das konkret für seine Arbeit bedeutet, um ein gemeinsames Fundament zu haben.

Das wird für Marianne Voit-Lipowsky bereits in der ersten gemeinsamen Sitzung gelegt. Die ausgebildete Gemeindereferentin hat selbst fünf Jahre lang in einer Pfarrgemeinde gearbeitet, bevor sie als Religionspädagogin für 30 Jahre in den Schuldienst wechselte. Ihre Erfahrung in allen Lebensbereichen hat gezeigt, dass Sitzungen gut moderiert sein müssen, wenn sie harmonisch und zielführend sein sollen: „Damit ich weiß, ich habe ein Ziel, wir haben eine gemeinsame Ausrichtung, wo wollen wir hin, was muss hier getan werden? Das ist für mich die allererste Form von Wertschätzung.“ Und die haben Leute, die sich ehrenamtlich engagieren, auf jeden Fall verdient. Die Coachin empfiehlt, dass in der ersten Sitzung eine hauptamtliche Person die Moderation übernimmt, da hier die weiteren Rollen der Gemeinderatsmitglieder erst gefunden werden.

In vielen Diözesen gibt es zum Beispiel einen Bereich „Gemeindeentwicklung und Gemeindeberatung“, der hier unterstützen kann. Danach kann die Moderation von Sitzung zu Sitzung wechseln. „Das macht Sinn, weil es eine unfassbar herausfordernde Aufgabe ist und man leicht meckert, wenn man nicht selbst dran ist“, weiß Marianne Voit-Lipowsky. Häufig entdeckt man hier in den eigenen Reihen auch verborgene Talente. „Denn Moderieren heißt nicht, zu führen, zu leiten, den Chef zu machen, sondern die Fäden zusammenzuhalten.“ Eine Moderationsschulung zu Beginn der Amtszeit macht für jeden Pfarrgemeinderat also auf jeden Fall Sinn – und die gewonnenen Kenntnisse helfen auch im Familienrat, dem Sportverein oder Arbeitsleben.

Herzen höher schlagen lassen

Um das gemeinsame Fundament zu legen, sollten als erste Amtshandlung die jeweiligen „Liebesgeschichten“ miteinander geteilt werden, wie Marianne Voit-Lipowsky es nennt: Jede Person erzählt, was sie dazu bewegt hat, sich für den Pfarrgemeinderat aufstellen zu lassen und was sie für eine Idee von dieser Arbeit hat. Diese Fragen sind für Marianne Voit-Lipowsky der Ausgangspunkt für das gemeinsame Engagement. Nur so kann man im Anschluss gemeinsam definieren: Was ist unsere gemeinsame Sache? Die persönlichen Eckdaten wie Namen, Alter oder Beruf sind für ein Kennenlernen der notwendige Rahmen, aber das Wichtige ist: Wofür pocht mein Herz? Und wofür wollen wir uns gemeinsam stark machen? Das hält die Supervisorin gerade in einer Christengemeinde für das Wichtigste  und die unterschiedlichen Antworten überraschen sie immer wieder. „Jeder von uns hat einen Blick auf die Gemeinde, jeder von uns sieht Notwendigkeiten. Ich muss von den anderen wissen: Was hältst du denn für das Allerwichtigste im Moment? Was soll nach diesen vier Jahren passiert sein?“ Daran lassen sich dann alle Ideen messen und Entscheidungen werden nicht ziellos getroffen, sondern haben einen roten Faden. „Die zu Grunde liegende Frage bei allen Maßnahmen muss lauten: Wie kann Glaube in dieser Gemeinde lebendig werden? Was braucht es dafür? Wenn ein Pfarrgemeinderat für sich geklärt hat, was dieser Auftrag konkret für seine Arbeit bedeutet, liegt der Fokus auf den Bedürfnissen der Menschen. Ansonsten hat man viele Angebote, die vielleicht niemand wahrnimmt.“

Ohne sich im Kreis zu drehen

Als beste Methode für die Kommunikation im Gremium hat sich für Marianne Voit-Lipowsky das Kreisformat herauskristallisiert. Hier sprechen alle zu einem bestimmten Thema reihum. Die Vorteile liegen für sie klar auf der Hand: „Im Kreisformat wird jeder gewürdigt in seinen Ansichten und jeder lernt über die Zeit, sich zu artikulieren – entweder mehr oder weniger als sonst.“ Das braucht Übung, aber es stärkt sowohl die Leisen, die oft unfassbar gute Ideen haben, als auch die Kommunikationsstarken, denen es hilft, sich einzuordnen: „Es nimmt den Druck raus. Ich muss mich nicht gegen den Vielredner behaupten und schauen, dass ich auch mal zu Wort komme, sondern ich weiß genau, wenn der ausgesprochen hat, komme ich als Nächstes. Und die anderen warten, bis ich fertig bin. Das ist für mich Sinnbild für christliche Gemeinde: Wir sind alle auf einer Ebene in unserer ganzen Diversität. Wenn das im Miteinander leben darf, wird das gemeinsame Handeln im Anschluss einfacher.“

Die Frage, wieso es trotzdem immer wieder zu Missverständnissen kommt, lässt sich für Marianne Voit-Lipowsky einfach beantworten: „Weil wir nicht genug miteinander reden! Ich erwarte von jemand anderem, dass der so tickt wie ich und wenn er es nicht tut, werde ich ungehalten.“ Dabei lebt jeder Mensch in seiner eigenen Welt, geprägt durch seine Biografie und seinen einzigartigen Charakter. Das nicht so gut anerkennen zu können mag auch einer der Nachteile von kirchlichen Strukturen sein. „Wir ticken oft in ‚Richtig‘ und ‚Falsch‘. Das hat etwas mit Moral zu tun und damit, dass die Moral natürlich im kirchlichen Rahmen höher gesetzt wird.“ Dabei wisse der andere meist gar nichts von meinen Erwartungen an ihn und dann leidet die Beziehung, ohne dass er eigentlich weiß, warum das so ist.

Eine Prise Humor

Zusätzlich interpretieren wir häufig, anstatt nachzufragen, was das Gegenüber eigentlich aussagen möchte. „Nachfragen helfen dabei, zu schauen: Habe ich dich richtig verstanden, reden wir vom gleichen? Klarheit ist in Verständigung das A und O.“ Und dann gibt es natürlich noch die geheime Zutat: „Humor! Den verträgt nicht jeder, aber er ist in vielen Situationen ein wirksames Heilmittel.“

Wenn Gespräche emotional werden, kann vor allem die Nachfrage nach dem, was dem anderen so wichtig daran ist, aus der Sackgasse führen. Auf dieser Ebene können wir viel leichter aneinander anknüpfen. „Wenn ich sehe, dass jemandem etwas ganz wichtig ist und die Augen leuchten, dann werde ich nicht sagen: Das ist Mist. Denn ich möchte ja nicht, dass das Leuchten erlischt, sondern ich will meins dazu legen“, betont Marianne Voit-Lipowsky. „Dann leuchten zwei Augenpaare und dann sind wir in Verbindung.“ So kann man wieder die gemeinsame Sache in den Blick nehmen und sich fragen: Dient der kritische Punkt dieser Sache, ja oder nein?

Und so hätte in ihren Augen auch Jesus selbst kommuniziert. „Er hat nie über den Kopf von jemandem hinweg gehandelt, er hat immer gefragt: Was willst du? Und die Menschen mussten das selbst aus innerer Klarheit heraus formulieren und dann hat er es getan. Da ist keine Übergriffigkeit drin, sondern große Achtung vor dem Gegenüber.“ Damit hat bereits Jesus den Grundsatz für eine verbindende Kommunikation implementiert. So kann Verständigung gelingen. „Und wo Verständigung gelingt, ist alles andere ein Kinderspiel.


7 Strategien für gute Kommunikation

  • „Auf Augenhöhe kommunizieren“ – die eigene Haltung reflektieren und steuern.
  • Innere Klarheit stärken: Worum geht es mir wirklich?
  • Empathisch verstehen: Was ist meinem Gegenüber wichtig?
  • Erkennen und trainieren: Elemente, die Kommunikation klarer machen.
  • Erleben, was Gespräche scheitern lässt.
  • Lösungen erarbeiten für die eigenen herausfordernden Situationen.
  • Schwierige Gesprächssituationen meistern: beispielsweise kritisches Feedback geben, Konfliktgespräche führen, spannungsgeladene Situationen in ruhigere Bahnen lenken.

4 Elemente, die Kommunikation klarer machen

  • Wahrnehmungen statt Interpretationen formulieren: Ich habe gehört, gesehen, erlebt, dass…
  • Das Gefühl benennen, das durch die Wahrnehmung entsteht, zum Beispiel Irritation, Unklarheit, Berührung.
  • Das Bedürfnis klären, das hinter dem Gefühl steht, zum Beispiel Bedürfnis nach Klarheit, Wertschätzung, Verständnis.
  • Wunsch/Bitte formulieren, um das Bedürfnis zu stillen: Kannst du mir das bitte nochmal erklären? Ich wollte Dir noch sagen, dass ich toll fand, dass Du…

Titelbild: Danijelala / Adobe stock


Verfasst von:

Sarah Weiß

Freie Autorin