Ausgabe: März-April 2024
Schwerpunkt - Vor OrtEinmal und immer wieder
Passauer Jugendwallfahrt
Wie ein Familientreffen sei für „Lilly“ aus Haiming die jährliche Wallfahrt, bei der sie viele nur dieses eine Mal im Jahr sehe und sich daher umso mehr freue. Das ist schon „brutal anstrengend“. Doch man werde hier immer mitgezogen, „wenn man selber zu erschöpft ist zum Reden, dann spricht eben ein anderer für dich“, erzählt sie. Es sei „eine große Ehre“ da vorne dabei sein zu dürfen.
Es ist Freitag um 4.20 Uhr frühmorgens. Ich laufe mit etwas Abstand zwei Pilgern hinterher, von denen einer ein großes Holzkreuz auf den Schultern trägt. Die kennen bestimmt den Weg zur Uni-Kirche St. Nikola, wo die Wallfahrt nach einer Andacht beginnen wird. Uns entgegen kommt eine Gruppe Jugendlicher in Feierlaune: „Schaut euch die an! Mit Kreuz!?“, ruft einer halb verwundert, halb belustigt. Wir Wallfahrer gehen kommentarlos weiter. Es geht ja gleich los – und wie jetzt mal schnell diesen jungen Leuten erklären, dass wir unter dem Motto „Im Kreuz ist Liebe“ zur Muttergottes nach Altötting pilgern wollen …?
Viele sagen einfach nur „Danke“
Auf der Strecke, die ich mitmarschiert bin, knapp 60 Kilometer, war ich auf mich allein gestellt. Für mich ist es nach längerer Pause die zweite Wallfahrt. Daher weiß ich: es wird weh tun! 90 Kilometer in zwei Tagen sind es insgesamt für die Wallfahrer aus Passau. Auf Wald- und Wiesenwegen, über Teer, Pflaster und Steine. Kaum einer bleibt da von schmerzenden Beinen und Blasen an den Füßen verschont, von Erschöpfung, Kreislaufproblemen und Momenten, an denen man am liebsten aufgeben und heimfahren möchte. Und doch freue ich mich. Auch deshalb, weil man dabei wie beim Feiern in der Nacht Leute treffen kann, denen man sonst wohl nie begegnet wäre …
Claudia aus Grafenau ist die erste, die ich auf dem Weg anspreche – vorsichtshalber mit „Sie“, weil sie mir älter scheint als ich. „Beim Wallfahren und beim Bergwandern san mia per du!“, erklärt sie mir sehr bestimmt. Viele haben jemanden im Sinn, für den sie pilgern und beten. Und manche sagen einfach nur „Danke“ – aus persönlichen Gründen wie etwa für die Geburt eines Kindes oder einfach nur deshalb, „weil es uns ja eigentlich doch recht gut geht“.
Unterwegs als Wallfahrtsfamilie
Jedes Mal, wenn ich Gerhard aus Neukirchen vorm Wald wieder treffe, begrüßt er mich mit festem Handschlag und immer öfter mit einer freundschaftlichen Umarmung – am Ende lädt er mich auf eine gemütliche Halbe Weißbier auf der Wiese am Kapellplatz ein. Gerhard „teilt“ sich das Kreuztragen mit seinen zwei Freunden Marco und Richard – nach der Wallfahrt darf jeder das Kreuz für je vier Monate bei sich zuhause beheimaten. Wieso er das jetzt schon das 16. Mal mitmacht, will ich wissen. „Es ist so“, sagt er, „entweder einmal und nie wieder oder einmal und immer wieder“. Und wenn man mit einer Art „Wallfahrtsfamilie“ unterwegs ist, mit Leuten, die man immer einmal im Jahr auf dem Weg nach Altötting trifft, dann bleibe man auch dabei.
Dass Wallfahren ein Bild für das Leben sei, sagt Bischof Stefan Oster, der selber eine Etappe mit der Gruppe aus Osterhofen mitmarschiert ist. „Wir gehen alle auf ein Ziel zu und sind froh, wenn wir ankommen.“ Die Wallfahrtsleitung freut sich vor allem mit den fast 7.000 Teilnehmern. „Ein Riesenapplaus für euch alle“, ruft Jugendpfarrer Wolfgang de Jong den Pilgern in der Basilika zu. Thomas Steger, Geschäftsführer im Bischöflichen Jugendamt, sagt: „Wir freuen uns auf das nächste Mal!“ Klar! Einmal und immer wieder …