Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: März-April 2024

Schwerpunkt

Altbewährtes neu gedacht

Traditionell bestand Pilgern aus beschwerlichen Fußmärschen, neben Rucksack auch mit seelischem Ballast. Diese uralte Praxis wird neu angegangen. Foto: Lassedesignen / Adobe stock

Traditionelle lange Fußmärsche

Es ist bemerkbar und zugleich hoch erfreulich, dass das Pilgern in all seiner Vielfalt eine hohe Beliebtheit erfährt. Die faszinierende Verbindung zwischen Reisen und spiritueller Erfahrung wird offensichtlich zu einem Thema von zunehmender Relevanz in unserer heutigen Zeit. Die beschwerlichen Fußmärsche haben sich jedoch gewandelt.

Pilgern, eine Jahrtausende alte Praxis, die bekanntlich tief in den menschlichen Kulturen und Religionen verwurzelt ist, verkörpert letztlich die Suche nach spiritueller Erfüllung, persönlichem Wachstum und einem tieferen Verständnis für das eigene Leben. Traditionell waren es doch die langen, entbehrungsreichen und oftmals beschwerlichen Fußmärsche, die das Pilgern auszeichneten. Doch in der heutigen „modernen“ Welt hat sich einiges gewandelt. Während viele Menschen aus rein religiösen Gründen nach wie vor unterwegs sind, gibt es auch solche, die auf der Suche nach etwas „Anderem“ sind. Entschleunigung, persönliches Wachstum, Erkenntnisse über andere und über sich selbst oder gar das Verlangen nach einem Abenteuer werden oft als Motivationsgründe für eine Pilgerreise benannt.

Bahnpilgern und Radpilgern

Es gilt diese Veränderung wahr- und ernstzunehmen. Denn gerade hinter diesen Ansätzen verbirgt sich doch, wenn auch unausgesprochen, ein zutiefst spiritueller Akt, eine Verbindung zwischen dem Inneren des Pilgernden selbst und der äußeren (profanen) Welt. Diese Erkenntnis bietet Chancen, das Pilgern einmal neu anzudenken und auch kreativ adäquate Antworten zu finden, um auf die Bedürfnisse der Menschen zu reagieren. So kann auch Kirche durch ihre Pilgerangebote den Menschen immer wieder neu begegnen und sie begeistern mit all ihrer Vielfalt und Flexibilität. Menschen lassen sich motivieren und anregen für das Besondere, das außergewöhnliche Erlebnis einer Pilgerreise. Das Bahnpilgern oder eine Pilgerreise mit dem Fahrrad, um nur einige Formate zu nennen, sind solche Bereicherungen. Außergewöhnliche, sinnhafte Pilgerdestinationen wie das Pilgern in der Abgeschiedenheit in den Bergen, Bergexerzitien, oder in untergegangenen Bistümern setzen wichtige und vielseitige Akzente und bilden neue Räume des Glaubens. Neben der Konfrontation mit der eigenen Lebenswelt während des Pilgerns spielt auch das Umfeld, die Kultur und der Anspruch an die Reise eine wichtige Rolle.

Modernes Reisen im Licht des Glaubens

Aus theologischer Sicht kann das Pilgern eine faszinierende Dimension haben, die die Verbindung zwischen Glauben, Spiritualität und modernem Reisen erkundet. Letztlich sollte das Pilgern auch möglichst vielen Menschen zugänglich sein. Pilgern mit mobilitätseingeschränkten Menschen inkludiert und schafft Gemeinschaft und Austausch. Ebenso sollte auch der ökologische Ansatz Beachtung finden. Geht es nicht bei kirchlichen Pilgerreisen auch um die Verantwortung des Menschen für den Erhalt der Schöpfung, weil „die Schöpfung der Anfang und die Grundlage aller Werke Gottes ist“? Neben dem traditionellen Pilgern zu Fuß stehen auch alternative Verkehrsmittel im Fokus und bilden mit einem ethischen Ansatz zur Bewahrung der Schöpfung einen Einklang. Diese und auch etliche weitere Formen des Pilgerns repräsentieren eine moderne Interpretation einer uralten Praxis. „Pilgern einmal anders angedacht und angegangen“ ist eine Synthese aus spirituellem Streben und einer tiefen Verbundenheit der vielfältigen Umwelt, die zu einer tiefen Gotteserfahrung werden kann.


Verfasst von:

Andreas Martin

Leiter der diözesanen Pilgerstelle im Bistum Augsburg