Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Januar-Februar 2022

Schwerpunkt

Bezahlbarer Wohnraum für alle

Beitragsbild: Adobe Stock / Soho a Studio

Leitlinien und Handlungsmöglichkeiten aus christlicher Perspektive

Unter diesem TItel hat der Diözesanrat München und Freising 2019 ein ausführliches Positionspapier veröffentlicht, das wir hier veröffentlichen dürfen:

Seit Jahren steigen in der Metropolregion München die Wohnungskosten dramatisch. Auch wenn Arbeitslose, Geringverdiener, Alleinerziehende, Familien und ältere Menschen besonders von der Entwicklung betroffen sind, ist das Problem längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Suche nach bezahlbarem Wohnraum wird zunehmend zur drängenden sozialen Frage unserer Zeit.

Wie Politik, Kirche und Gesellschaft darauf reagieren können, war das Thema des Studienteils auf der Herbstvollversammlung des Diözesanrats am 12. Oktober 2019 im Salesianum in München. In dieser Erklärung fassen wir die wichtigsten Ergebnisse zusammen. Zunächst stellen wir vor, welche sozialethischen Kriterien unsere Sicht auf den Wohnungs- und Wohnimmobilienmarkt bestimmen. In einem zweiten Abschnitt gehen wir auf Mittel und Wege ein, wie Staat, Gesellschaft und Kirche bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum schaffen können.

I. Leitlinien aus sozialethischer Perspektive

Wohnen ist Menschenrecht

Papst Franziskus weist in der Enzyklika Laudato si´ darauf hin, dass Wohnraum „viel mit der Würde der Personen“ (LS 152) zu tun hat und daher nicht einfach eine Ware ist. Wohnen gehört wie Nahrung, Kleidung, Gesundheit und Bildung zu den elementaren Bedürfnissen, deren Befriedigung ein menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Beteiligung ermöglicht. Das Menschenrecht auf Wohnen ist Teil des Rechtes auf einen adäquaten Lebensstandard …, das der Internationale Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (ICESCR bzw. UN-Sozialpakt) garantiert. Mit der Ratifikation des UN-Sozialpakts im Jahre 1976 hat die Bundesrepublik Deutschland das Recht auf Wohnen rechtsverbindlich anerkannt. Die Wohnungsversorgung hat infolgedessen nicht den Grundsätzen der Leistungsgerechtigkeit zu folgen, sondern denen der Bedarfsgerechtigkeit.

Wohnen ist Ausdruck der persönlichen Identität

Das Recht auf Wohnen verbürgt mehr als ein Dach über dem Kopf. Die eigene Wohnung ist ein existenziell notwendiger Rückzugs- und Schutzort für sich selbst und um partnerschaftliche, familiäre und freundschaftliche Beziehungen zu festigen. Die eigenen vier Wände sind ein Freiraum, über den der Einzelne weitgehend selbst bestimmen, in dem er sich zu sich selbst verhalten und in dem er sich frei entfalten kann. Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind diese Aspekte im Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) verankert.

Eigentum für möglichst viele und Mieterschutz

In der kirchlichen Sozialverkündigung spielt die Förderung des Wohneigentums für möglichst breite Bevölkerungskreise eine große Rolle. Für etwas Eigenes verantwortlich zu sein und darauf vertrauen zu können, dass dieses Eigene auch geschützt wird, schafft für den Einzelnen Stabilität und eröffnet Freiheitsräume. Ei­ne brei­te Ei­gen­tums­streu­ung ist zudem ge­sell­schaft­lich wün­schens­wert, denn sie ver­rin­gert die Ab­hän­gig­keit der Bür­ger*innen von Ver­mie­tern und trägt substanziell zur in­di­vi­du­el­len Al­ters­si­che­rung bei.

Etwas sein Eigen zu nennen (und sich auf dessen Schutz verlassen zu können), hat auch Konsequenzen für das Mietrecht. Mieter haben einen Anspruch auf den Schutz des von ihnen bewohnten eigenen Raums. So hat das Bundesverfassungsgericht 1993 (BvR 208/93) die Mieter, obgleich nicht Eigentümer im formalen Sinne, in den Schutzbereich des Artikels 14 des Grundgesetzes gestellt (Schutz des Eigentums). Weil der Mieter befugt ist, die gemietete Wohnung zu nutzen, und er sie sich aneignet, ist dieser eigene Raum zugleich ein geschützter Raum.

Sozialbindung des Eigentums

Über die grundsätzliche Rechtfertigung hinaus werden in der kirchlichen Sozialverkündigung die Verfügungsrechte über Privateigentum relativiert und in die „Gemeinwidmung der Erdengüter“ eingeordnet. Das Privateigentum hat demnach auch dem Wohl aller Menschen zu dienen. Die Sozialfunktion des Privateigentums (Wohl aller Menschen) ist genauso wichtig wie seine Individualfunktion (Sicherung der Freiheit des Einzelnen). Im deutschen Grundgesetz wird daher der Schutz des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) mit dem Grundsatz verknüpft: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ (Art. 14 Abs. 2 GG).

Gerade bei Grund und Boden ist die Sozialbindung des Privateigentums besonders ausgeprägt, da die Nutzungsmöglichkeiten und der Wert eines Grundstücks vor allem von seiner Lage abhängen. Bodenwertsteigerungen sind fast vollständig unverdiente Gewinne, die den Grundeigentümern ohne eigene Leistungen allein aufgrund der gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Entwicklung der Region zufallen. In Art. 161 der Bayerischen Verfassung heißt es daher: „(1) Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen überwacht. Missbräuche sind abzustellen. (2) Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.“

Förderung des gemeinsamen Eigentums

Aus der Sozialgeschichte kennen wir vielfältige Formen des gemeinsamen und genossenschaftlichen Eigentums.[1] Auch hier nennen Menschen Boden und Güter ihr Eigen, auch hier bildet das Eigentum die Grundlage für die Existenzsicherung, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Allerdings wird kein exklusiver, individueller Anspruch auf das Eigentum erhoben. Vielmehr geht es um kooperative Formen des Eigentums, um Gemeineigentum bzw. Commons. Commons ermöglichen soziale, kulturelle und ökonomische Partizipation, sie tragen zu einer Verlebendigung der lokalen Demokratie bei und fördern die Entwicklung nachhaltiger Muster des Wohnens, Arbeitens und Wirtschaftens.

Soziale Gerechtigkeit

Die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt und auf dem Markt für Wohnimmobilien haben erhebliche Verteilungswirkungen. Die aktuellen Wohnungsbedingungen sind nicht nur ein Spiegel bestehender Ungleichheit, sondern tragen zu einer Steigerung der Ungleichheit bei. Es steigen die Vermögen und bei Vermietungen die Einkommen jener Wohlhabenden und Wohnungskonzerne noch weiter, die in den Ballungsräumen über eine Vielzahl von Wohnungen verfügen.[2] Zugleich machen sie dort den Erwerb von Wohneigentum für Einkommensschichten der unteren Mitte unerschwinglich und erschweren es einkommensschwachen Haushalten, sich adäquat mit Wohnraum zu versorgen. Wer einen großen Anteil seines Einkommens für die Miete zahlt, kann kaum etwas ansparen.[3] Es ist ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, in das freie Spiel der Kräfte einzugreifen. Wohnungspolitik ist Sozialpolitik.

Räumliche Gerechtigkeit: Gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land

Das Postulat „gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“ (Art 72.2 GG) begründet die öffentliche Aufgabe, die Attraktivität von (beinahe) „abgehängten“ Landstrichen zu erhöhen. Unabhängig von der Lage des Wohnorts sollen die Bürger*innen gleichwertige Lebensbedingungen, Chancen und Handlungsspielräume haben. Zugleich kann durch eine Förderung strukturschwacher Regionen der Zuzug in Ballungsräume gebremst werden – und damit eine Ursache für den Anstieg der Wohnkosten.

Intergenerationelle Gerechtigkeit

Gegenwärtige Probleme dürfen nicht zulasten kommender Generationen „gelöst“ werden. Einer der größten Emittenten für CO2 sind die Wohngepflogenheiten, auch weil immer mehr Menschen immer mehr Wohnraum für sich in Anspruch nehmen. Zudem ist der massive Verlust von (fruchtbaren) Böden durch die Ausweisung neuer Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen ein Verstoß gegen die intergenerationelle Gerechtigkeit.[4]

Die kollektive Verantwortung für das lokale Gemeinwesen

Die Gestaltung des Wohnraumangebots hat sozialpolitische, ökonomische und ökologische Dimensionen. Es ist aber auch eine demokratiepolitische Frage, inwieweit Einwohner*innen einer Stadt oder einer Region über Veränderungen mitentscheiden und sich als kollektive Eigentümer des (kommunalen) Raumes verstehen können. Die individuelle Verfügung über eigenen Wohnraum, entweder als Mieter, als einzelner Eigentümer oder genossenschaftlich organisiert, kann dazu beitragen, weil dies die Identifikation mit dem Wohnumfeld und Verantwortung für das lokale Gemeinwesen fördert. Es kann aber auch zu Vereinzelungs- und Abwehrtendenzen führen. Der entscheidende Punkt ist, dass die Bewohner*innen ihr Eigentum auch als Aufgabe betrachten und nicht nur als Besitz für sich alleine. Papst Franziskus mahnt daher im „Stadtkapitel“ der Enzyklika Laudato si‘ an, „dass die verschiedenen Teile einer Stadt gut integriert sind und die Bewohner ein Gesamtbild haben können, statt sich in Wohnquartieren abzukapseln und darauf zu verzichten, die ganze Stadt als einen eigenen, gemeinsam mit den anderen genutzten Raum zu erfahren. […] Auf diese Weise sind die anderen nicht mehr Fremde und können als Teil eines ‚Wir‘ empfunden werden, das wir gemeinsam aufbauen“ (LS 151).

II. Was Politik, Gesellschaft und Kirche tun können

a)   Politische Handlungsmöglichkeiten

Bezahlbarer Wohnraum ist eine öffentliche Aufgabe

Die zentrale Herausforderung ist nicht, dass neuer Wohnraum geschaffen wird, sondern dass ausreichend bezahlbarer und angemessener Wohnraum zur Verfügung steht, auch in Ballungsräumen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die Wohnungsversorgung als eine öffentliche Aufgabe verstanden wird. Wir benötigen eine „Neue Wohngemeinnützigkeit“, weil sich allein mit einer marktorientierten Wohnungswirtschaft die Probleme nicht lösen lassen. Notwendig ist eine Wohnungspolitik, die sich an denen orientiert, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind.

Es braucht selbstbewusste Kommunen – Vorrang für soziale und genossenschaftliche Wohnprojekte

Im föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik sind die Kommunen zuständig für die Stadtplanung und die Gestaltung einer sozialen Stadt. Sie haben speziell den Auftrag, für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen das öffentliche Gut eines angemessenen und bezahlbaren Wohnraums bereitzustellen. Kommunen können eigene Wohnungsgesellschaften gründen, Land vorausschauend erwerben und an diejenigen Bauherren verkaufen, die ein schlüssiges Konzept für eine soziale Durchmischung und günstige Mieten haben. Sie können für alle neuen Bauprojekte z. B. die Vorgabe machen, dass nur ein Drittel der Wohnungen frei finanziert werden, zwei Drittel aber dem geförderten, günstigen Wohnungen vorbehalten bleiben.[5] Mit festen Quoten für den sozialen Wohnungsbau in Neubaugebieten können Kommunen vermeiden, dass in bestimmten Stadtteilen der Anteil von sozial schlecht gestellten Bürger*innen unverhältnismäßig hoch ist. Wenn Baugenossenschaften und Baumgemeinschaften bei der Baulandvergabe stärker zum Zuge kommen, ist sichergestellt, dass dieses unter Maßgabe einer größtmöglichen Nutzung für das Gemeinwohl veräußert wird. Darüber hinaus ist es überlegenswert, dass kommunales Bauland nicht verkauft, sondern im Rahmen von Erbpachtverträgen vergeben wird. Bei Verdichtung und Ausweisung neuer großflächiger Baugebiete müssen allerdings die ökologischen, landwirtschaftlichen und infrastrukturellen Belange durch eine entsprechende vorausschauende Bürgerbeteiligung besser als bisher berücksichtigt werden.

Gerechte Bodenordnung

Der Anstieg der Bodenpreise ist die Haupttriebfeder für die steigenden Wohnkosten in Ballungsräumen.[6] Wir brauchen eine neue Bodenordnung – nur dann wird auch Wohnen wieder bezahlbar.[7] Zum einen ist es notwendig, dass über das Bauplanungsrecht das kommunale Vorkaufsrecht für Bauland gestärkt wird. Zum anderen müssen die Gewinne, die aus der Spekulation mit Grund und Boden resultieren, besteuert werden. Zumindest sollten Konzepte zum Planungswertausgleich umgesetzt werden. Auch schließen wir uns der Forderung des Bayerischen Städtetags an, Städten und Gemeinden die Möglichkeit zu geben, „eine Grundsteuer C zu erheben, die baureife Grundstücke mit einer Steuer belegt, solange sie nicht bebaut werden“[8]. Beide Vorschläge können „Anreize für eine effektive Nutzung der bestehenden, insbesondere städtischen Flächen schaffen. […] Zusätzlich hätten Investoren weniger Anreize, Flächen aufgrund von erwarteten Wertsteigerungen spekulativ zu horten, wenn Preisanstiege durch die entsprechend steigenden Steuern ausgeglichen werden. Dies könnte zu mehr wohlstandsförderlichen, realwirtschaftlichen Investitionen führen und den Anstieg der Bodenpreise dämpfen“.[9] Eine Grundsteuerreform und ein neues Bodenrecht ist auch eine Forderung der Gerechtigkeit. Denn Bodenwertsteigerungen sind fast vollständig unverdiente Gewinne, die den Bodeneigentümern ohne eigene Leistungen allein aufgrund der gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Entwicklung der Region zufallen.[10] Der Bundesrat hat den Weg zur Grundsteuerreform frei gemacht. Die Ländereröffnungsklauseln ermöglichen es den Bundesländern, über die Details der Einführung zu entscheiden.

Gemeinschaftlich wohnen – Wohnen neu denken

Unterschiedliche Lebensstile, Familienformen und Arbeitsmodelle stellen neue Anforderungen an den Wohnungsbau. Vor allem die Bedeutung von neuen Formen gemeinschaftlichen Wohnens nimmt zu. Wenn Kommunen in Zeiten des Individualismus und der Leistungsgesellschaft Eigeninitiativen für das soziale Miteinander fördern wollen, müssen sie solchen Projekten prioritären Zuschlag bei der Vergabe von Bauland und Wohnraum geben.[11] Neben Familien mit kleinen Kindern sind es besonders Senioren und Menschen mit Behinderung, die danach suchen. Je älter die Menschen werden, desto einsamer fühlen sie sich und desto mehr sind sie auf Unterstützung angewiesen. Projekte wie die vom Bundesfamilienministerium geförderten Mehrgenerationenhäuser und das Bundesmodellprogramm „Gemeinschaftlich wohnen, selbstbestimmt leben“ gilt es deshalb auszubauen. Aber auch Studierende und Auszubildende sind auf WGs angewiesen, weil in angesagten Städten Ein- oder Zweizimmerwohnungen besonders teuer sind. Auf alle Fälle sollte geprüft werden, wie die Gründung von Wohngemeinschaften gefördert werden kann, ohne dadurch in die Situation eines „geldwerten Vorteils“ zu kommen.

Nutzungsmischung: Wohnen und Arbeiten

Nicht zuletzt die technischen Möglichkeiten der Telekommunikation, aber auch die Notwendigkeiten einer nachhaltigen Klimapolitik (Pendlerverkehr) lassen es vorteilhaft erscheinen, dass sich Wohnungspolitik und Stadtplanung davon verabschieden, weiterhin starr zwischen Wohnen und Arbeiten zu trennen. Neue Wohnungskonzepte zielen darauf, zugleich Arbeitsplatz, Wohn- und Einkaufsmöglichkeit sowie Einrichtungen für Senioren und Kinder unterzubringen.

Vorhandenen Wohnraum effizienter nutzen

Der einzelnen Person steht derzeit in Deutschland so viel Wohnfläche wie nie zuvor zur Verfügung. Aktuell sind es im Schnitt rund 46 m2, 1991 waren es nur 31,9 m2.[12] Heute wohnen in Deutschland genauso viele Menschen wie vor 20 Jahren, es wurden aber in dieser Zeit sechs Millionen neue Wohnungen gebaut. Bevor einfach mehr gebaut wird, bedarf es daher Anreize und Instrumente, den vorhandenen Wohnraum effizienter zu nutzen. Kommunen können z. B. eine „Verkleinerungsprämie“ zahlen, den Umzug in eine kleine Wohnung bezuschussen, bei der Wohnungssuche helfen oder kommunale Wohnungstauschbörsen einrichten.[13] Gerade bei älteren Menschen, die z. B. nach Kinderauszug eine große Wohnung haben, gibt es Potentiale. Hilfreich ist, wenn Wohnungsunternehmen Mietern garantieren, beim Umzug in eine kleinere Wohnung die alte, günstigere Quadratmetermiete mitnehmen zu dürfen (sodass die Miete auf jeden Fall sinkt), und der soziale Nahraum nicht verlassen werden muss.

Kompakte, flexible und günstige Bauweise fördern

Weil Wohnraum vor allem in Ballungsräumen zum Luxusgut geworden ist, loten Architekt*innen die Grenzen des Platzbedarfs eines Menschen neu aus. In sogenannten „Micro-Appartements“ und „Tiny-Houses“ entstehen auf nicht mehr als 20 m2 vollwertige Wohnungen, einschließlich Küche und Bad. Mithilfe von verschachtelten und entfaltbaren Möbeleinbauten lassen sich multifunktionale Räume und verschiedene Nutzungsflächen bilden. Unabhängig davon, ob das Leben auf geringem Platz Ausdruck eines genügsamen Lebensstils ist oder die wirtschaftliche bzw. die soziale Not dazu zwingt – derartige Projekte können dazu beitragen, eine kompakte, flexible und günstige Bauweise zu fördern. Vor allem gilt es, Bauvorgaben zu flexibilisieren und Herstellungskosten, z.B. durch serielles, systemisches Bauen, zu senken. Auch der Leichtaufbau auf bestehende Wohnblocks („Aufstockung“) ist ein probates Mittel, Wohnungsneubau sehr kostengünstig zu gestalten und damit Sozialwohnungen auch wirtschaftlich attraktiv zu machen.

Attraktivität des ländlichen Raumes erhöhen

Der flächendeckende Ausbau von Infrastrukturen ist die zentrale Voraussetzung für die Herstellung von gleichwertigen Lebensverhältnissen. Der Ausbau des ÖPNV, die Versorgung mit Breitbandverbindungen, eine ausreichende soziale und gesundheitliche nahe Versorgungsstruktur sowie geeignete Arbeitsplätze sind vorrangige Handlungsfelder. Umso mehr Menschen im ländlichen Raum verbleiben oder auf das Land ziehen, umso mehr wird der Druck auf die Ballungszentren gebremst. Dazu ist es aber notwendig, dass Alternativen zum Einfamilienhaus bestehen (mehrgeschossiger Wohnungsbau) und innovative, intergenerative Wohnformen gefördert werden.

Nachhaltige Bodennutzung

Um den Flächenverbrauch in Bayern kurzfristig auf 5 ha pro Tag zu reduzieren und langfristig einen Stopp der Netto-Neuversiegelung zu erreichen, bedarf es Anreize und unterstützende Instrumente für die kommunale Innenentwicklung und Nachverdichtung sowie rechtlich verbindliche Vorgaben, um in der lokalen und überregionalen Raumordnung langfristig Weichen für eine nachhaltige Bodennutzung zu stellen (z. B. kommunale Vorkaufsrechte im Innenbereich, Verpflichtung zum mehrgeschossigen Parkhausbau bei großen Supermärkten, Baumärkten oder Outlets). Auch sollten (innovative) Möglichkeiten in den Blick genommen werden, Innenentwicklungspotentiale zu stärken (z. B. durch das Überbauen von Gehsteigflächen ab dem 2. Stock in Innenstädten), Leerstände in Ortskernen neu zu beleben, interkommunale Zusammenarbeit zu forcieren, Bestandsanlagen mit einem höheren Anteil an Grün- und Erholungsflächen aufzuwerten, Industriebrachen zu renaturieren und multifunktionale Nutzungen (z. B. Gartenanlagen auf Dächern; Tieferlegen von Hauptstraßen, darüber Parkfläche) zu ermöglichen.

C02-neutral wohnen

Ein Viertel des ökologischen Fußabdrucks des deutschen Durchschnittsbürgers wird allein durch das Wohnen verursacht. Die Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudesektor ist einer der wichtigsten Schlüssel zur Erreichung der Klimaschutzziele. Ziel muss sein, dass bis 2050 die Gebäude in Deutschland klimaneutral sind, also kein CO2 mehr ausstoßen. Dazu bedarf es zum einen wirksamer Neubaustandards. Das größte Potenzial der CO2-Reduzierung hat allerdings der Altbaubestand. Vor allem für Eigentümer und Vermieter bedarf es zielgenauer Anreize, in die energetische Sanierung zu investieren.

Verbilligte Vermietung nicht bestrafen

Bisher wirkt sich eine verbilligte Vermietung beim Werbungskostenabzug in der Einkommensteuererklärung negativ aus.[14] Diese Regelung trifft Vermieter, die sich sozial verhalten und eine „bezahlbare“ Miete verlangen. Dieses Verhalten darf nicht weiterhin „bestraft“ werden.

b)  Handlungsmöglichkeiten des Erzbischöflichen Ordinariats und der Kirchenstiftungen

„Die Kirchen verfügen, bei großen Unterschieden im einzelnen, über Geld- und Grundvermögen. Es dient insgesamt religiösen, sozialen und kulturellen Zwecken. Teile des Vermögens sind nicht oder kaum veräußerbar. Bei der Entscheidung für Investitionen, der Aus­wahl von Geldanlage­formen und der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern haben die Kir­chen noch strengere Maßstäbe anzulegen als wirtschaftliche Unterneh­men. Auch unterliegen die Kir­chen einer besonderen Verpflichtung, in der Orientie­rung am Gemeinwohl Grundstücke für öffentliche und so­ziale Zwecke, vornehmlich für den sozialen Wohnungsbau gegebenen­falls in Erbpacht, zur Verfügung zu stellen, wie es vielerorts seit langem praktiziert wird.“ (Sozialwort der Kirchen [1997], Nr. 246)

 „Entsprechend der dargelegten christlichen Werte und im Sinne einer allgemeinen gesellschaftlichen Vorbildfunktion sollten diese Flächen idealerweise entweder selbst ökologisch nachhaltig bewirtschaftet werden oder es sollte eine entsprechende Bewirtschaftungsweise bei der Verpachtung vertraglich festgeschrieben werden.“ (Die deutschen Bischöfe [2016], Der bedrohte Boden, S. 44)

Transparenzoffensive und Bestandsaufnahme

Die Erzdiözese München und Freising verfügt über nicht unerhebliche Liegenschaften und Immobilien. Wie die Kirchenstiftungen und andere kirchliche Liegenschaftsbestandshalter damit umgehen, ist eine Anfrage an ihre Glaubwürdigkeit. Authentizität und Transparenz sind daher sehr wichtig. Eine Voraussetzung dafür ist eine Bestandsaufnahme der für den Wohnungsbau verwertbaren/bebaubaren Liegenschaften in der Erzdiözese. Darüber hinaus müssen die Kirchenstiftungen besser über ihre im aktuell geltenden Rechtsrahmen bestehenden Handlungsspielräume informiert werden. Oft sind diesen die Möglichkeiten nicht bekannt, die sie für eine soziale und ökologische Erschließung und Nutzung von Grundstücken besitzen. Eine qualifizierte Beratung und Begleitung der Kirchenverwaltungen und anderer kirchlicher Liegenschaftsbestandshalter sind notwendig.[15] Eine bessere Personalausstattung mit entsprechendem Know-how kann dazu beitragen, dass die Entwicklungsmöglichkeiten von Grundstücken und die Einbeziehung in den sozialen Wohnungsbau vorangetrieben und die Beratung der Kirchenstiftungen verbessert werden.[16]

Kriterienkatalog bei der Vergabe von Erbpachtgrundstücken

Die Erzielung des maximalen Erlöses darf für die Kirche kein Maßstab sein. Bei der Vergabe von Erbpachtgrundstücken muss daher das Steigerungs- bzw. Bieterverfahren (das höchste Angebot erhält den Zuschlag) abgelöst werden von einem Verfahren, bei dem neben dem Werterhalt auch soziale und ökologische Kriterien den Ausschlag geben.[17] Dazu muss ein verbindlicher Kriterienkatalog ausgearbeitet werden. Die Entscheidungen der Erzbischöflichen Finanzkammer müssen nachvollziehbar sein. Dabei sollte auch diskutiert werden, ob neben sozialen und ökologischen das ehrenamtliche Engagement in der Pfarrei in den Katalog mit aufgenommen wird. Auf alle Fälle muss geregelt werden, zu welchen Konditionen kirchliche Sozialverbände auf kirchlichen Grundstücken Sozialeinrichtungen schaffen können. Für den Bau von Kindertageseinrichtungen bestehen bereits Regelungen, die auch Vorbild sein können für die Schaffung von anderen sozialen Einrichtungen auf kirchlichen Grundstücken.

Bezahlbaren Wohnraum schaffen

Kardinal Julius Döpfners viel zitierter Satz „Wohnungsbau ist Dombau, Wohnungssorge ist Seelsorge“ stammt aus der Zeit, in der er nach dem Zweiten Weltkrieg ein katholisches Wohnungswerk zum Wiederaufbau von Würzburg gründete. In den ersten drei Nachkriegsjahrzehnten war die Leistung der katholischen Wohnungsbaugesellschaften beachtlich. Zwischen 1957 und 1974 errichteten sie jährlich zwischen 6.000 und 10.000 Wohneinheiten. Dieses Bemühen ist stark zurückgegangen. Im Jahr 2015 wurden noch genau 1.167 neue Einheiten in ganz Deutschland von katholischen Trägern fertiggestellt. Eine Orientierung an den ursprünglichen Werten und Aufgaben ist vonnöten. Wir wünschen uns von der Bistumsleitung der Erzdiözese München und Freising ein klares Bekenntnis zur Schaffung von bezahlbarem und ökologisch-nachhaltigem Wohnraum. Dafür kann das Know-how und Fachexpertise des katholischen Siedlungswerks München (KSWM) genutzt werden. Die Entscheidung KSWM, sich für die eigenen 3.000 Wohnungen einen Mietendeckel aufzuerlegen und die Mieten für mindestens drei Jahre nicht mehr anzuheben, ist ein wichtiger symbolträchtiger Schritt. Wir erwarten aber auch, dass deutlich mehr neuer bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird. Für alle neuen Bauprojekte muss die 2018 beschlossene Vorgabe gelten, dass nur 40 % der kircheneigenen Immobilien frei finanziert werden, aber jeweils 30 % dem sozialen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau und dem Wohnungsbau für kirchlich Angestellte vorbehalten bleiben.[18] Leer stehende kirchliche Immobilien können vielfältig genutzt werden.

Bezahlbarer Wohnraum wird auch dadurch geschaffen, dass geeignete Pfarrhäuser, Wohnungen und Grundstücke für Zwischennutzungen freigegeben werden, z.B. für Wohngemeinschaften von Studierenden und Auszubildenden. Auch kirchliche Sozialeinrichtungen sollten dazu die Möglichkeit haben. Vorbild hierfür kann der Beschluss der Erzdiözese München und Freising vom Januar 2013 sein, freie Kapazitäten für die Unterbringung von Menschen auf der Flucht zur Verfügung zu stellen.

Ausweisung von kirchlichen Grundstücken an Genossenschaften

Die zivilgesellschaftliche Suche nach neuen Formen gemeinschaftlichen Wohnens sollte von der Kirche aktiv unterstützt werden. Dies kann z. B. bedeuten, dass auf kirchlichen Grundstücken genossenschaftliche sowie gemeinschaftliche Wohnprojekte einen gewissen Vorrang haben. Parallel dazu könnte in der Erzbischöflichen Finanzkammer eine Anlaufstelle eingerichtet werden, die interessierte Kirchenstiftungen berät. Überlegenswert ist auch, eine kirchliche Dachgenossenschaft zu gründen.

Flächen sparen

Bei bestehenden Bebauungen soll die Möglichkeit der Nachverdichtung geprüft werden, insbesondere soll bei auslaufenden Erbpachtverträgen darauf geachtet werden, dass Verdichtungen ermöglicht werden, und dies als Bedingung in die neuen Verträge eingebracht wird.

c)   Persönliche und lokale Handlungsmöglichkeiten

Eigene Ansprüche und Verantwortung überprüfen: Privatvermietung fördern

Jede*r Eigentümer*in sollte kritisch überprüfen, wo und wie er Wohnraum zur Vermietung bzw. zum Verkauf freigeben kann. Dies gilt auch für Grundstücke. Viele innerörtliche Nachverdichtungsprojekte scheitern am Veto von Privatbesitzern.

Insbesondere viele ältere Menschen leben in Wohnung und Häusern, die sie in dieser Größe gar nicht benötigen. Sie scheuen sich aber den nicht benötigten Wohnraum zu vermieten bzw. „Fremde“ in die eigenen vier Wände zu lassen. Hier sollten kirchliche Institutionen aller Art (Pfarrämter, Caritas, etc.) Beratungs- und Vermittlungsfunktionen aufbauen.

Ermächtigung und Befähigung

Wohnungstauschbörsen, ehrenamtliche Wohnungslotsen und Patenschaften für Wohnungslose sind Projekte, die in Pfarrgemeinden und Verbänden initiiert werden können, um Menschen darin zu unterstützen, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Für diese Betätigungsfelder sollten Ehrenamtliche qualifiziert werden.

Bündelung und Stärkung bestehender Initiativen

In den letzten Jahren haben kirchliche Verbände und Organisationen bereits unterschiedliche Initiativen gestartet, die beim Finden von bezahlbarem Wohnraum behilflich sind. Es muss daher vor Ort nicht immer das Rad neu erfunden werden, oft reicht es, eine dieser Initiativen aufzugreifen oder bekannt zu machen. Auf diözesaner Ebene wäre es sinnvoll, den Austausch zu fördern und wechselseitige Lernprozesse anzuregen. Beispielhaft seien genannt:

  • Mit der Kampagne „WOMA – Wohnen für Mitarbeiter“ sucht die Caritas München für ihren Wohnungsvermittlungsservice „Vermieter mit Herz“.[19]
  • Das Netzwerk Wohnungslosenhilfe München, bei der u. a. der Sozialdienst katholischer Frauen und die Katholische Männerfürsorge Mitglied sind, ruft mit der Initiative München: Wohnstadt mit Herz dazu auf, denjenigen Mitmenschen zu helfen und Wohnraum zu geben, „die es gerade schwerer haben als andere“.[20]
  • Der BDKJ in der Region München e.V. startet eine Aktion zum Thema „Junges Wohnen“ in München. Mit dem Infobrief „Zukunft zieht ein“ werden Pfarreien dafür sensibilisiert, ihren vorhandenen Wohnraum und besonders die Leerstände (z.B. in Pfarrhäusern) für junge Menschen zu öffnen und beispielsweise WGs in Pfarrwohnungen oder Häusern zu ermöglichen.
  • Mit der Kampagne Schlüsselmomente motiviert die Stadt München Vermieter, Wohnungssuchende mit geringem Einkommen zum Zug kommen zu lassen. Je nach Dauer und Haushaltsgröße erhält der Vermieter eine Prämie von 10.000 bis maximal 46.500 Euro.[21]

Beschlossen vom Vorstand des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese München und Freising am 27. November 2019.

Weitere Infos und Kontakt unter: 

Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese München und Freising

Schrammerstr. 3/VI., 80333 München

Telefon: 089/21 37 – 17 52, Telefax: 089/21 37 – 25 57

dioezesanrat@erzbistum-muenchen.de | www.dioezesanrat-muenchen.de


[1] Im Jahr 2016 hat die Unesco die Genossenschaftsidee zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland erklärt.

[2] Der börsennotierte Wohnungskonzern Vonovia erwirtschaftete im Jahr 2018 einen Gewinn von 1,07 Mrd. Euro. Der Immobilienbestand – bundesweit 480.000 eigene und für Dritte verwaltete Wohnungen – erfuhr innerhalb eines Jahres eine Wertsteigerung von zehn Mrd. Euro.

[3] 2/3 (62%) der armen Haushalte geben bspw. in München 40 % oder mehr ihres Einkommens für Miete oder Wohneigentum aus (vgl. Münchner Armutsbericht 2017, S.92-93). Bei 1/3 der Münchner*innen beträgt die Miete mehr als 50 % des Nettoeinkommens. Das trifft v.a. Haushalte mit Kindern (vgl. Bericht zur Wohnungssituation in München 2016/2017, Okt. 2018).

[4] Vgl. Unser Boden – Fundament des Lebens. Hintergründe und Denkanstöße aus christlicher Perspektive, hrsg. vom Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese München und Freising, München 2018 (www.dioezesanrat-muenchen.de/boden).

[5] Die Stadt München entwickelt sich hier zu einem Vorbild: Die in „Wohnen in München IV“ festgelegten Förderquoten auf städtischen Flächen werden wie folgt geändert: grundsätzlich 60 % (bisher 50 %) geförderter Wohnungsbau, davon 30 % für den geförderten Mietwohnungsbau-EOF, 30 % (bisher 20 %) für das München Modell, davon grundsätzlich 20 % für München Modell-Miete und für München Modell-Genossenschaften und 10 % für das München Modell-Eigentum (Baugemeinschaften). Die restlichen 40 % der städtischen Flächen werden für den Konzeptionellen Mietwohnungsbau (KMB) verwendet. Siehe Stadtratsbeschluss vom 2.10.2019, https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/TOP/5684796.pdf. Der Beschluss kann aber nur dann eine spürbare Wirkung entfalten, wenn es genügend städtische Flächen gibt.

[6] In München müssen im Geschosswohnungsbau 79 % der Kosten für den Erwerb des Baugrunds aufgewendet werden. Die reinen Baukosten machen nur einen Anteil von 21 % aus. Im Jahr 2010 entfielen auf die Grundstückskosten acht Prozent, auf die Baukosten 92 Prozent. Von 1950 bis heute sind in München Preise für das Bauland um 39.000 % gestiegen.

[7] Hans-Jochen Vogel: Mehr Gerechtigkeit! Wir brauchen eine neue Bodenordnung – nur dann wird auch Wohnen wieder bezahlbar, Freiburg: Herder 2019.

[8] Bayerischer Städtetag: „Wohnen – Bauen – Flächen sparen: Drei Ziele auf einen Nenner bringen“ (Pressemitteilung vom 24. Oktober 2019): www.bay-staedtetag.de/fileadmin/Downloads/Pressemitteilungen/2019/pm1024_Flaechesparen.pdf

[9] Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ der Deutschen Bischofskonferenz, Raus aus der Wachstumsgesellschaft? Eine sozialethische Analyse und Bewertung von Postwachstumsstrategien, Bonn 2018, S. 65.

[10] Dies ist das zentrale Argument, auf das sich der Nestor der Kirchlichen Sozialverkündigung, Oswald von Nell-Breuning, Anfang der 1970er Jahre beruft, um für eine Besteuerung von Bodenwertsteigerungen zu werben. Auch Art. 161 der Bayerischen Verfassung (siehe oben, S. 2) und Urteile des Bundesverfassungsgerichts (vgl. 1 BvR 169/63) basieren auf diesem Gerechtigkeitsgrundsatz.

[11] Auch hier kann die Stadt München Vorbild sein, siehe Fußnote 5 und Stadtratsbeschluss vom 2.10.2019 (https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/TOP/5684796.pdf).

[12] Zum Vergleich: In Tokio stehen derzeit gerade einmal 19 m2 pro Person zur Verfügung.

[13] Die Stadt München arbeitet an einer Beschlussvorlage für eine Wohnungstauschbörse. Allerdings kann sie nur auf bestandseigene bzw. Wohnungen der städtischen Wohnungsgesellschaften „zugreifen“.

[14] Werbungskosten bei Vermietung sind z. B. Abschreibungen, Finanzierungskosten und Erhaltungsaufwendungen. Damit diese ungekürzt, also zu 100 %, in der Steuererklärung abgezogen werden, müssen Sie mindestens 66 % der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen (gem. § 21 Abs. 2 EStG). Beträgt die Miete aber weniger als 66 %, mindern die Werbungskosten nur noch teilweise die Mieteinnahmen – und die steuerpflichtigen Einkünfte erhöhen sich.

[15] Zu beachten sind die sehr heterogenen Eigentumsstrukturen, die eine einheitliche Praxis erschweren (u. a. Klöster und Ordensgemeinschaften, Trägervereine kirchlicher Einrichtungen, Kirchenstiftungen in Verantwortung lokaler Kirchenverwaltungen, Pfründe- und Benefiziumsstiftungen – in der Regel mit definierten Stiftungszwecken – in Verantwortung der kirchlichen Pfründeverwaltungen, diözesane und Sonderstiftungen).

[16] Im Unterschied zu anderen Bistümern beantragt das Erzbistum München und Freising keine oder kaum öffentliche Mittel für den sozialen Wohnungsbau.

[17] Die Stadt München hat im Rahmen ihres Wohnungspolitischen Handlungsprogramms „Wohnen in München VI“ 2017-2021 die Möglichkeit geschaffen, dass für den Konzeptionellen Mietwohnungsbau soziale Kriterien festgeschrieben werden, auf deren Basis bei der Vergabe bzw. beim Verkauf städtischer Grundstücke vom Höchstbieterverfahren abgewichen werden kann. Dies gilt auch für die Vergabe von Erbbaurechten. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung und das Kommunalreferat hat in diesem Zusammenhang unter Beteiligung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration rechtlich untersucht, ob die Abweichung vom Höchstbieterverfahren vor dem Hintergrund des Art. 75 Bayerische Gemeindeordnung (BayGO), des Vergaberechtes und des Europäischen Beihilferechtes möglich ist. Das Ergebnis: Es ist „zulässig, sofern insbesondere der begünstigte Personenkreis nach sozialen Kriterien definiert wird“ (https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/5639910.pdf, S. 12). Die Erzdiözese München und Freising sollte sich an diesem Vorbild orientieren.

[18] Im Rahmen der Caritas-Offensive „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“ hat der Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, Peter Beer, am 11. Juli 2018 über zwei Beschlüsse informiert: Kircheneigene Immobilien sollen künftig sozial gerechter vermietet werden. „Wir planen künftig 30 Prozent der Wohnungen für Mitarbeiter zu günstigen Mietpreisen zu vermieten, weitere 30 Prozent an Menschen in sozialer Not“, erklärt Beer. Die restlichen 40 Prozent so, dass Rendite erzielt werden. Der zweite Beschluss sehe vor, das Eigenkapital des Katholischen Siedlungswerks um 20 Millionen zu erhöhen. „Damit wird der Spielraum für Innovationen erhöht“, so der Generalvikar. Außerdem sollten die Mieten im Sinne einer Mietpreisbremse innerhalb von zehn Jahren um maximal zehn Prozent ansteigen. Vgl. https://www.caritas-nah-am-naechsten.de/news/News/caritas-fordert-politik-zu-wohnungsbauoffensive-auf-5640.news

[19] www.herz-fuer-muenchen.de

[20] https://www.wohnungslosenhilfe-muenchen.net/wohnstadt-mit-herz.html

[21] https://ru.muenchen.de/2019/212/Sozialreferat-stellt-Werbekampagne-Schluesselmomente-vor-87995


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Gemeinde Creativ

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